Von Regine Eurydike Hader

Plötzlich bin ich verdächtig“ – so beschreibt Nacha, wie es sich anfühlt, ihre Freundin zu heiraten. Jetzt müssen sie ständig nachweisen, dass sie zusammen wohnen, sich jederzeit gegenseitig komplett finanzieren können und Nacha auf keinen Fall zu lange in ihre Heimat Argentinien reist – viele Grüße vom Ministerium für Liebe. Weil prekäres Leben in Deutschland immer mit einer Prise Kontrolle serviert wird, kündigt die Standesbeamtin schon bei der Hochzeit an, dass sie das natürlich überprüfen werden. Mit „Zurück in die Heimat“ setzt Nacha Vollenweider ihren schwarzen Tuschestift genau da an, wo ihr

herausragendes autobiografisches Comicdebüt „Fußnoten“ endet.

Als Nacha sechs Jahre später nach Argentinien zurückkehrt, rauscht mit ihrer sterbenden Liebesbeziehung auch die politische Beziehung zwischen Argentinien und Deutschland an ihr vorbei: von Nachas Ur-Ur-Ur-Opa, der eine Kolonie für die Schweiz errichten sollte, über Nazibücher, die Nacha im Haus ihrer peronistischen Oma findet, bis hin zu seltsamen großen Wasserbecken, die mitten in der Landschaft auftauchen. Hier bauen nordamerikanische Firmen Lithium für Europas E-Autos und gegen die Gewissensbisse ab. Argentinien verdient daran gerade mal ein Prozent.

Missy Magazine 03/22, Literaturaufmacher, Zurück in die Heimat, Nacha Vollenweider
© Avant Verlag

Nacha Vol…