Interview: Agata Hofrichter

Was sollte ein Museum nicht sein?
Ich würde lieber sagen, was es sein sollte: eine Traummaschine!

Was haben Träume und Museen gemeinsam?
Beide bieten Zugang zu einem „Anderen“; zu Erfahrungen, die sich von unserem Alltag unterscheiden, aber das Potenzial haben, uns tief zu beeinflussen.

Vom poetisch- irrationalen Traumhaften schlägst du den Bogen zu Statistiken, u. a.

über die Entwicklung von Eintrittspreisen. Warum?
Mich interessiert das Potenzial von Sprache, um unseren Kopf und unser Denken herauszufordern. Vor allem möchte ich erotisches und kritisch-faktisches Sprechen miteinander in Bezug setzen, weil es leider oft im Gegensatz zueinander steht.

Von dir ausgewählte Kunst ab 1968 aus der Sammlung steht in der Schau neben deinen eigenen Werken, etwa Vitrinen, Raumteilern und Sitzgelegenheiten. Wo verläuft die Grenze zwischen Design und Kunst?
Für mich geht es bei Design und Kunst darum, Beziehungen zwischen Dingen herzustellen, damit sie viel gemein haben können. Mich interessiert die Spannung zwischen dem Verständnis von Nutzbarkeit und der damit verbundenen Wertschätzung von Beziehungen, z.B. zwischen Körper und Sitzfläche, und dem eigenen Standpunkt im westlichen
(Kunst-)Geschichtsnarrativ.

Missy Magazine 03/22, Kunsaufmacher, Eine Traummaschine
Foto: Jonas Hänggi, © 2022 Ruth Buchanan Medienbilder. Ausstellungsansicht mit Werken von Jean-Frédéric Schnyder, Robert Gober und Ruth Buchanan.

Gezeigt wird auch eine Arbeit von Carl Andre, der seit seiner Anklage im Mordprozess um Ana Mendieta umstritten ist. Wieso hast du beschlossen, ihn dennoch auszustellen?
Es wäre absolut legitim, seine Arbeit deshalb nicht zu zeigen. Eine andere Option ist, sie zu entlarven und sicherzustellen, dass sie nicht neutral präsentiert wird. Wir haben das Gebäude in Zeitrahmen gegliedert. Andre ist in ein Werkensemble männlicher Kollegen eingebunden, die der „Vorgeschichte 1982“ zugeordnet sind. Den Zugang zu dieser Auswahl vermittelt eine große Skulptur von mir, die wie ein Zaun fungiert. Darüber hinaus würde ich diesem Narrativ gern weniger Raum geben zugunsten anderer Kunst, die eine emanzipatorische Weltsicht vertritt. Das passiert im obersten Stock, dem Jahr 2022 und der Zukunft gewidmet, wo wir ein super- starkes Gemälde von Miriam Cahn zeigen, das den Ausstellungstitel „Heute Nacht geträumt“ inspiriert hat, zusammen mit einem Wandbild von mir.

Du lebst in Berlin. Welche Museumssammlung würdest du dort gern inszenieren und warum?
Das kürzlich eröffnete Schloss. Da es so verwirrend ist, zu verstehen, was es Besucher*innen bietet oder von ihnen verlangt. Ich bin mir nicht sicher, ob man sich in einen so brutal aufgeladenen Kontext einarbeiten könnte, aber wenn man die richtigen Mitarbeiter*innen und Gesprächspartner*innen hätte, vielleicht schon.

„Heute Nacht geträumt. Eine Ausstellung von Ruth Buchanan“bis 14.08., Kunstmuseum Basel | Gegenwart, kunstmuseumbasel.ch

Dieser Text erschien zuerst in Missy 03/22.