Von Ayesha Khan

Ich mag meine Familien. Die Herkunftsfamilie genauso wie meine Chosen Family. Ich mag die Momente, die wir zusammen verbringen, feiern, tanzen und essen. Die wenige Zeit, die uns Kapitalismus und Neoliberalismus lassen, in der wir nicht nur bloß arbeiten und produktiv sind, kann heilend sein. Besonders nach all den Lockdowns, Quarantänen und Isolationen wurde mir noch mal mehr bewusst, mit wem ich gerne meine Zeit verbringe, wen ich vermisst habe oder wieder öfter sehen möchte. Andererseits bedeutet das auch, dass ich gemerkt habe: Es gibt einfach Fressen, die ich gar nicht mehr sehen will. Ich habe gelernt, meine Ressourcen besser einzuteilen und einfach mal „Nein“ zu sagen. Nein zu

den Treffen und Dates und zu oberflächlichen Freund*innenschaften, die anstrengend sind. So einfach, wie sich das hier schreiben lässt, war es die letzten dreißig Jahre aber nicht.
„Natürlich komme ich zu eurer WG-Party“ und „Ja, klar komme ich nach der Arbeit noch zu dem Plenum um 21 Uhr“ oder „Gerne höre ich mir deine Probleme bei einer Tasse Kaffee an“ waren bis vor einigen Monaten noch Standardsätze in meinem Repertoire. Aber khallas, irgendwann ist auch mal gut. Ich sage seit einiger Zeit mehr „Nein“ – nur mit dem Ehrlichsein, da hapert’s noch. Da gibt es diesen inneren Schalter, der sich einfach nicht ausschalten lässt. Internalisiertes „Bloß-nicht-zu-ehrlich-Sein, ich könnte jemanden vor den Kopf stoßen“. Neinsagen ist schon okay, aber bitte nicht zu aufrichtig. Lieber einen ellenlangen Text schreiben, wieso es diesmal nicht klappt (Familie, anderer Termin etc.), als ein ehrliches „Ich habe einfach nicht die Kapazitäten dafür“. Oder Zeit. Oder Bock, um ausnahmsweise mal ganz ehrlich…