Von Wenke Bruchmüller
Intimität sagt viel über uns selbst und unsere Beziehung zu anderen aus. Wer zieht wem das T-Shirt aus? Wie fassen sich zwei Menschen an, wenn sie miteinander schlafen? Gerade für Filme haben solche Szenen großes narratives Potenzial, denn sie geben Einblick in die Psyche einer Person und enthüllen, was zwischen den Figuren verhandelt wird. So gilt der Dreh von intimen Szenen als große Herausforderung für Regie und Schauspiel. Da die Schauspieler*innen ihren nackten Körper nutzen, besteht ein großes psychologisches Verletzungsrisiko.
Ausgelöst durch den Fall Weinstein hat in der Filmbranche eine wichtige Sensibilisierung für den Dreh von intimen Szenen stattgefunden. Die US-amerikanische Branche hat dabei
schnell reagiert. Die Organisation Time’s Up hat bereits drei Monate nach Bekanntwerden des Weinstein-Skandals 2017 mit der US- amerikanischen Produzent*innengilde neue Leitlinien gegen sexualisierte Belästigung entwickelt. Die deutsche Produzentenallianz positionierte sich zwar in der Öffentlichkeit klar gegen sexualisierte Belästigung. Ein Verhaltenskodex erschien aber erst sieben Monate nach der Causa Weinstein. Seit 2018 verpflichtet sich zudem der US- amerikanische Sender HBO und seit Neuestem auch die britische BBC dazu, bei Sex-oder Nacktszenen mit Intimitätskoordinator*innen zu arbeiten. Hierzulande existiert noch kein solcher verpflichtender Standard.
Julia Effertz kennt die verschiedenen nationalen Branchen gut. Sie ist Schauspielerin und die erste deutsche Intimitätskoordinatorin. Für sie ist klar: „Die Weinsteins – männlich wie weiblich – gibt es auch in Deutschland.“ Dass Deutschland auf Machtmissbräuche in der Branche im Vergleich zu Hollywood so langsam reagiert hat, hängt mit der Lobby in …