Von Ida Schelenz
Illustration: Eva Feuchter

1985, Salt Lake City, Utah. Suzie, 13, lebt mit etlichen Geschwistern in einem streng mormonischen Haushalt und ist ein Genie. Sie hackt, funkt, studiert mathematische Formeln und physikalische Gesetze, die nicht nur ihre Altersgenoss*innen überfordern. So die Erzählungen von Dustin, einem der Protagonist*innen aus der Serie „Stranger Things“, der schwer verliebt aus dem Sommercamp zurückkehrt, wo die beiden sich kennengelernt haben. Zurück in seiner Heimatstadt Hawkins errichtet er einen Funkmast, um Kontakt zu ihr aufzunehmen. Sein Funkspruch „Suzie, do you copy?“ verläuft jedoch im Nichts. Seine Freund*innen erklären ihn für verrückt, Suzie für ein Hirngespinst.

Missy Magazine 05/22, Lieblingsstreberin, Suzie Bingham
© Eva Feuchter

Doch dann dringen Monster aus einer anderen Dimension durch Tore, die von der russischen Armee kontrolliert werden, in unsere, und der Weltuntergang droht. Gemeinsam haben Dustin und seine Freund*innen einen Weg gefunden, das Tor wieder zu schließen, doch stehen sie nun vor einem Rätsel: Der Code zu dem Safe, in dem der entscheidende Schlüssel enthalten ist, ist die sogenannte Planck-Konstante. Die Nerds sind überfragt, es wird brenzlig. Was folgt, ist die irrste und zugleich schönste Szene der Serie: In einem letzten, verzweifelten Versuch wechselt Dustin die Frequenz seines Funkgeräts – und siehe da: Suzie copies. Natürlich kennt sie die Zahl, verlangt jedoch zunächst einen Liebesbeweis und fordert den gemeinsamen Lieblingssong ein. So schmettern die beiden, während die Menschheit um ihr Überleben bangt, eine wunderschöne Version der Popballade „Never Ending Story“ über den Funk.

In der aktuellen Staffel erfahren wir, wie sehr Suzies Leben von konträren Instanzen bestimmt wird. Auf der einen Seite Glaube und Familie, auf der anderen Wissenschaft und Liebe zu Agnostiker Dustin. Selbstbestimmt und unbeirrt tut sie genau das, was sie glücklich macht – singen, lieben, hacken, beten. Suzie definiert Religion, Nerdtum und Weiblichkeit so, wie es für sie richtig ist. Und sie lernt, sich in ihrem eigenen Tempo aus den eng gesteckten Grenzen ihrer religiösen Familie zu befreien und sich ihren Ängsten zu Nerstellen.

Die US-amerikanische Serie „Stranger Things“ läuft seit 2016 auf Netflix.

Dieser Text erschien zuerst in Missy 05/22.