Interview: Mithu M.Sanyal

Um das direkt am Anfang klarzustellen: Ich mag keine Autofiktion. Weil ich dabei nie den nagenden Verdacht loswerde,dass die Autor*innen schlicht nicht genug Fantasie hatten, um sich eine Geschichte auszudenken. Außerdem fühle ich michimmer wie eine Voyeurin, ohne danach gefragt zu haben. Nicht so bei Jacinta Nandi. Bei ihr ist Intimität eine Waffe. Ihre Literatur ist Chirurgie am offenen, schlagenden Herzen, während dieses Herz die schmutzigsten Witze der Welt macht. Bevor ich das erste Mal ein Buch von Jacinta Nandi in

der Hand hatte, hatte ich noch nie etwas Ähnliches gelesen.Seitdem habe ich alle ihre Bücher verschlungen.

Jacinta, dein neuestes Buch heißt „50 Ways To LeaveYour Ehemann“. Wie bist du auf diesen coolsten Titel der Welt gekommen?
Ich hatte vor, ein lustiges Buch darüber zu schreiben, wie schwer es einem*r gemacht wird, den Ehemann zu verlassen. Alsich versuchte – mit kleinem Kind und Teenager –, aus der Wohnung, in der ich mit dem Kindsvater wohnte, auszuziehen, haben alle so getan, als ob das noch nie zuvor passiert wäre. Im Jobcenter gab es die Vorstellung, dass alle Menschen in Deutschland entweder wohlhabend sind oder arm. Die Beraterin sagte: „Ihr Fall ist so speziell, ihr Fall ist ganzungewöhnlich.“ Weil ich nicht arbeitslos war, aber als freischaffende Künstlerin mit Kindern – der Kleine war erst ein Jahr alt – keine Wohnung fand, die ich mir leisten konnte. Und ich saß…