Auf Mutter Erde wichsen
Von
Von Carolin Slickers
Don Draper verliebt sich in einen Cadillac Coup de Ville 1962. Der Verkäufer schwärmt: „Does everything but make you breakfast.“ Die Romanze mit dem Auto, die wir in dieser Folge „Mad Men“ (02×06, 2008) sehen, sagt schon viel über Petromaskulinität.
In dem 2018 erschienenen Aufsatz von Cara Daggett „Petromasculinity: Fossil Fuels And Authoritarian Desire“ beschreibt die Politikwissenschaftlerin das Verhältnis von Hypermaskulinität und fossilen Brennstoffen zum ersten Mal mit Blick auf Klimawandelleugnung, Rassismus und Misogynie. Ihre Arbeit ist eine feministische Analyse der neuen autoritären Bewegungen im Globalen Norden und deren Verbindungen zu fossilen Brennstoffen. Im Kern steht die Beziehung zwischen Genderidentität und der Lust an fossiler Verbrennung. Petromaskulinität kann hier als Maskulinitätstyp verstanden werden, der seine Dominanz durch die Nutzung von fossilen („petro-“) Brennstoffen sicherstellt.
Der Aufstieg eines „fossilen Faschismus“ (Daggett) macht sich die Ängste und Gewaltbereitschaft derer zunutze, die das Ende des Petrozeitalters und des Patriarchats gleichermaßen fürchten. Angeführt wird dieser Petropopulismus von Machos der ersten Reihe:
Donald Trump wollte zurück zur Kohle, Bolsonaro verscherbelt den Regenwald, Putin inszeniert sich als Zar eines fossilen Imperiums. Und sie gewinnen nicht nur Unterstützung, weil sie mächtige Industrien hinter sich haben, sondern auch weil das kulturelle Selbstverständnis vieler Gesellschaften auf dem Spiel steht: Wer sind wir, wenn wir nicht mehr sorglos Auto fahren, Energie verbrauchen und konsumieren? Die Verbrennung fossiler Rohstoffe ist – angesichts der Klimakrise – dekadent und destruktiv. Sie ist weiße patriarchale Dominanz, getrieben von Trauer um verlorene Privilegien. Der Soziologe Michael Kimmel nennt diese Trauer „aggrieved entitlement“ (dt.: gekränkter Anspruch). Die Flucht zum 717 PS starken Sportwagen, zum Weber-Grill oder zur Stihl-Motorsäge kann eben dieses Verlustgefühl sinnlich kompensieren; man spürt, schmeckt, riecht und hört es. Teile diesen Artikel