Glückliche Tage 
Für „Glückliche Tage“ wurde tief in den Farbtopf gegriffen. Und zwar in einen, der Assoziationen mit kindlichen Erzählungen, mit Naivität und einer gewissen Unschuld weckt. Doch schon nach wenigen Seiten steckt man tief in der Welt, die ZUZU mit dem Griff zu Farbstiften rund um die Protagonistin Claudia zeichnet. Mit ihr reisen Leser*innen nach Rom, treffen Freund*innen und alte Liebschaften, gehen ins Bett und in den Club. Im starken Kontrast zu den Kolorierungen ist der Inhalt immer wieder explizit; Triggerwarnung: sexualisierte Gewalt. So bizarr und fantasievoll diese verschiedensten Momentaufnahmen auch dargestellt werden, durch den Zeichenstil wirken sie intensiv und nah. ZUZU verfügt zudem über die Fähigkeit, mit kleinen Strichen starke Emotionen in Mimik und Gestik der Figuren zu transportieren. Und so kann man gar nicht anders, als mit Claudia in Traumata, aber auch in wohlige Umarmungen einzutauchen. Ein Avantgardecomic, der sicherlich nicht nur für die titelgebenden glücklichen Tage stehen will, sondern für alle Gefühle. Julia Köhler

ZUZU „Glückliche Tage“ ( Aus dem Italienischen von Denise Hofer. Edition Moderne, 464 S., 29 Euro ) 

Hundeblick Berlin
Frech, direkt, aber herzlich – das ist die sprichwörtliche Berliner Schnauze. Doch die Hauptstadt wird nicht nur von Zweibeinern, sondern auch von über 126.000 Hunden bevölkert. Höchste Zeit also, Berlin aus Sicht der Vierbeiner zu erkunden! Nadia Budde nimmt ihr Publikum mit auf einen Streifzug durch die Metropole, bei dem es viel zu sehen und noch mehr zu schnuppern gibt. Zigarettenasche, gammelige Currywurst, Bierlache, Kinderwindel. Das ist der Duft von Abenteuer! Zumindest wenn es nach der Hundenase geht. Die fleckige Matratze, die an der Hinterhof- mauer lehnt, berichtet von lustvollen Nächten, aber auch von Unglück und Tränen – auf jeden Fall von jeder Menge Leben. Budde katapultiert ihre Leser*innenschaft hoch hinaus über den Fernsehturm, um sie an- schließend ins Dunkel verlassener Bunker und U-Bahn-Geisterstationen eintauchen zu lassen. Wie durch ein poetisches Kaleidoskop blickt Budde auf Berlin und erschafft einen bunten Bilderwald im Wechselspiel der Jahreszeiten. Eine Liebeserklärung an eine Stadt, unter deren losen Pflastersteinen der Sandstrand verheißungsvoll wartet. Judith Werner

Nadia Budde „Hundeblick Berlin – Ansichten einer Schnauze“ ( Reprodukt, 112 S., 18 Euro )

Dieser Artikel erschien zuerst in der Missy 06/2022