Von Avan Weis

Es ist Nacht. Der Esstisch ist spärlich beleuchtet. Ein älterer Herr schreibt einen Brief, rollt ihn ein, befestigt ihn an einer Flasche und wartet. Am nächsten Tag wird er tot aufgefunden. 

Die Bewohner*innen des georgischen Küstendorfes, in dem er wohnte, zerreißen sich das Maul und wollen Eliko (Tengo Javakhadze) als „Gottlosen“ nicht beerdigen, da er sich selbst umgebracht hat. Einzig Amnon (Gia Agumava), der Betreiber des Cafés Wet Sand, erklärt sich bereit, sich zu kümmern und Moe (Bebe Sesitashvili), die Enkelin des Toten, zu kontaktieren.

Als diese aus der Stadt ins Dorf kommt, nähert sie sich nicht nur Fleshka (Megi Kobaladze), der rebellischen Kellnerin an, sondern bringt allein durch ihre Anwesenheit die vermeintliche Idylle des Dorfes durcheinander. Von Tag zu Tag brechen allmählich die nach außen freundlichen Fassaden der Menschen auf und der Hass ihrer patriarchalen Prinzipien sickert durch. 

Missy Magazine 06/22, Filmaufmacher
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Der zweite Spielfilm von Elene Naveriani mag auf den ersten Blick ruhig und sanft wirken, die tief schlummernde Wut der Protagonist*innen zeigt sich jedoch schon zu Beginn. Wenn z. B. Fleshka von den trinkenden und Backgammon spielenden Männern sexistisch beleidigt wird, kippt sie ihnen das Bier über den Schoß, dem Po…