Interview mit Susann Ziegler und Marlene Brüggen: Sonja Eismann
Susann Ziegler, du bist seit über zwanzig Jahren als zweite Posaunistin beim DSO. Wie war dein Weg dorthin mit einem Blechblasinstrument, das heute immer noch als männlich gelesen wird?
Susann Ziegler: Ich wurde zu Beginn meiner Karriere von vielen Orchestern nicht einmal zum Vorspiel eingeladen. Teilweise wurden die Gründe sehr offen kommuniziert. Da gab es eine Bandbreite an Argumenten von „Ich habe schon zu Hause Stress mit meiner Alten, da brauche ich nicht noch eine im Orchester“ bis zu „Frauen haben von der körperlichen Konstitution her nicht so viel Lungenvolumen wie Männer“. Damals kam man damit noch durch, aber Berlin war zum Glück immer schon anders. Als ich 2000 hier vorgespielt habe, haben mir die Kolleg*innen hinterher einfach gratuliert und gesagt: „Glückwunsch, Sie haben heute am besten gespielt.“ Das war das größte Kompliment. Im Orchester gab es damals auch schon viele Frauen.
Marlene Brüggen: Ja, beim DSO, zu dem ich vor einem Jahr als Leiterin der künstlerischen Planung gestoßen bin, sind die Traditionen viel kürzer und daher auch offener als in vielen anderen Orchestern. Erst 1997 haben z.B. die Wiener Philharmoniker entschieden, dass sie die Aushilfe an der Harfe endlich fest anstellen – das war die erste Frau im Orchester! Bei Filmaufnahmen durfte das Gesicht der Harfenistin aber immer noch nicht gezeigt werden.
SZ: In den 1990er-Jahren hatte ich das Glück, bei der berühmten amerikanischen Posaunistin Abbie Conant zu studieren. 1980 gewann sie die Stelle bei den Münchner Philharmonikern. Bei einem Vorspiel hinter dem Vorhang hatte sie sich gegen 32 männliche Mitbewerber durchgesetzt. Doch der Chefdirigent Sergiu Celibidache wollte sie nicht und so musste sie jahrelange Rechtsstreits führen, bis sie die Stelle als erste Posaunistin ausfüllen durfte und genauso viel Geld wie die Männer verdiente. Sie musste sogar vor Gericht vorspielen, um zu beweisen, dass sie „die physische erforderliche Kraft als Stimmführerin der Posaunen“ besitzt! Sie hat richtig viel Vorarbeit geleistet, aber das Traurige ist, dass niemand mehr darüber geredet hat, was sie für eine fantastische Posaunistin ist, sondern nur noch über diesen Rechtsstreit.