Missy Magazine 01/23, Comics

Milch ohne Honig
Weiß, Grau, Schwarz, Gelb: Mehr Farben braucht die Illustratorin und Comicautorin Hanna Harms nicht, um in ihrer berührenden Graphic Novel „Milch ohne Honig“ auf das Leiden der Bienen, Hummeln, Wespen u. a. hinzuweisen, die kaum noch Nahrung finden und sterben, dadurch einen Teil unserer Nahrungsgrundlage gefährden und das weltweite Ökosystem durcheinanderbringen. Kies- und Grasflächen statt wilder Blumengärten tun ihr Übriges, ebenso gefällte Bäume, begradigte Flussläufe und öde Stein„gärten“, die von Monokultur geprägte Landwirtschaft und die Varroamilbe. Pestizide wiederum führen dazu, dass Bienen ihr Gedächtnis verlieren. In China sind sie gar für den Tod fast aller Insekten verantwortlich; dort sitzen statt Bienen Menschen in den Bäumen und bestäuben Blüten. Harms zeichnet eher sachlich, ihre Texte sind blumiger: Sie beschwört „ein Land, in dem Milch und Honig fließen, eine Kombination, die Glück und Fülle verheißt“. Man lernt, dass es 20.000 Bienen- und neun Honigbienenarten gibt. Letztere sind auf Honigertrag und Sanftmütigkeit gezüchtet, weshalb ihnen natürliche Abwehrmechanismen fehlen. Im Nachwort ordnet der Insektenforscher und Bienenexperte Jürgen Tautz das ganze Elend noch größer ein. Puh! Also Leute, weg mit den Steinen, lasst die Natur in eure Gärten, es ist fünf vor zwölf. Barbara Schulz

Hanna Harms „Milch ohne Honig“ ( Carlsen, 112 S., 20 Euro )

 

Missy Magazine 01/23, Comics

Schichten
Die knapp vierzigjährige französische Zeichnerin veröffentlicht ihre Memoiren. In Cartoonform gibt sie Einblicke in Stationen ihres Lebens, die entweder besonders rührend, peinlich oder auf andere Weise beeindruckend und weichenstellend waren. Lauter kleine Dramen im behüteten Milieu einer liebenden Familie im Mittelstand, die sie kulleräugig durchlebt. Dramen, welche die titelgebenden „Schichten“ der Seele ausmachen. Es beginnt mit der vielleicht dauerhaftesten Liebe ihres Lebens: einer Katze mit Macken. Und deren Ende, dem Tod beim Tierarzt. Es folgen Episoden aus der Kindheit, der Pubertät, erste Discobesuche, verstiegene Schwärmereien, scheiternde Anmachversuche, unglückliche Liebschaften, gedankenloser erster Sex, Zwist mit der besten Freundin, Studentinnenleben ohne Heizung … und am Ende noch mal der Tod. Mehrfach schildert sie Déjà-vus, in denen sie mit einer Art Splitscreen ähnliche Situationen von damals und heute vergleicht. Durch Details wie Mode oder bestimmte Popsongs markiert sie die jeweilige Zeit. Das alles ist charmant und gelegentlich etwas schrullig und lässt an eigene Erfahrungen denken. Zum Glück ist dann alles längst vorbei – insofern die ideale Unterhaltungslektüre zur Überschreitung des vierzigsten Lebensjahres. Komplett in Schwarz-Weiß, aber irgendwie doch bunt. Imke Staats

Pénélope Bagieu „Schichten“ ( Aus dem Französischen von Silv Bannenberg. Reprodukt, 144 S., 24 Euro )

Diese Texte erschienen zuerst in Missy 01/23.