Von Red Mahrous
Illustration: Zora Asse

Wieso sollte etwas, das sich so gut anfühlt, nur zum Kinderkriegen da sein?“, sagte meine Mutter, als ich sie irgendwann genervt fragte, wieso sie immer so viel über Sex sprechen wollte. Mein Bruder und ich verdrehten als Teenager nur noch die Augen und verließen den Raum, wenn Mamas inhouse Dr.-Sommer-Talk anfing. Sie fragte sich im Gegenzug, wie wir mit einer sexuell so aufgeschlossenen Mutter so prüde werden konnten. „Schätz dich doch glücklich, in meiner Familie wurde nie über Sex gesprochen. Erst recht nicht als Frau. Man heiratete, dann hatte man Geschlechtsverkehr, dann eine Familie und danach hatte man auch keinen Sex mehr“, hielt sie mir vor. Dieses deutsche Wort, Geschlechtsverkehr, sagte

sie, beschrieb ziemlich genau, mit welcher Wahrnehmung von Sex sie aufgewachsen war: „Das war nichts, was man genießen sollte. Es war eine mechanische Angelegenheit und das Ziel war, sich zu vermehren, mehr nicht.“

Missy Magazine 01/23, Sexkommentar
© Zora Asse

Heute weiß ich natürlich auch um die Grenzen der Wahrnehmung meiner Mutter – ihr Verständnis von Sex ist sehr heteronormativ und dafür, dass sie so viel redet, ist sie weit davon entfernt, eine Samantha Jones zu sein. Aber mit dieser Offenheit und ihrer Neugier hat sie den Grundstein dafür gelegt, dass ich ein Grundverständnis für meinen Körper und meine Bedürfnisse entwickelt habe, Interessen ausleben konnte und mich eigentlich nie dafür schämen musste. Apropos Scham: Auch Slu…