Von Holle Barbara Zoz

Vorangestellt ist dem Erzählband eine Widmung des bulgarischen Schriftstellers Georgi Gospodinov an das siebenjährige Mädchen Lina, das in einen Keller geworfen wurde und den Mond anschaut. Sein Buch „Physik der Schwermut“ entdeckte die Schriftstellerin Lana Bastašić während eines Aufenthaltsstipendiums in Belgrad und fand darin die Inspiration für „Mann im Mond“ (im bosnischen Original lautet der Titel „Milchzähne“). Besonders Gospodinovs Neuinterpretation des Mythos vom Minotaurus faszinierte sie. Darin ist ein verlassenes, hilfloses Kind in ein Labyrinth eingesperrt anstelle des mythischen Monsters. Bastašić beschloss, über Kinder, speziell Kinder auf dem Balkan, und deren Traumata zu

schreiben.
Den kindlichen Protagonist*innen der Kurzgeschichten von Lana Bastašić, die für ihren Debütroman „Fang den Hasen“ um eine Freundinnenschaft im Chaos jugoslawischer Geschichte bereits den Literaturpreis der Europäischen Union gewann, spielt das Leben übel mit. In der titelgebenden Erzählung „Mann im Mond“ sitzen zwei Brüder vor ihrem Haus im Garten und warten auf die Mondlandung, verbannt vom Fernseher durch den gewalttätigen Vater – es bleibt ihnen nur der Blick in den Nachthimmel. Ein Mädchen bekommt nachts Besuch von einer groben Zahnfee, seitdem seine Mutter abwesend ist und seine verstorbene Großmutter nicht mehr aus dem Nebenzimmer hören kann, was im Zimmer der Enkelin vor sich geht. Ein schlafwandelndes Mädchen fühlt sich von Gott beobachtet und verliert seine Schildkröten. Ein Mädchen quält Tiere, während die Umstände seiner gebrochenen Hand geheim bleiben müssen. In der ersten Erzählung braucht ein Mädchen im ersten Satz lange, um den eigenen Vater zu e…