Interview: Hengameh Yaghoobifarah

Seit deinem Debütalbum sind über fünf Jahre vergangen. Was war in der Zwischenzeit bei dir los?
Bis die Pandemie losging, war ich noch am Touren. Dann fing ich mit der Arbeit am neuen Album an – bis die Aufstände (die Black-Lives-Matter-Proteste im Frühling/Sommer 2020, Anm. d. Red.) begannen und ich in einem Prozess war, viele Dinge zu überdenken. Es waren nicht zwangsläufig neue Haltungen von mir, sondern das Umfeld hat sich so verändert. Es floss nicht mehr so viel Kraft da rein, mich zu fragen, ob gewisse Forderungen erlaubt wären, und es sind viele neue Gespräche entstanden, mit deren Inputs ich mich noch mal an mein Album gesetzt habe. Die Arbeit hat viel länger gedauert, als ich geplant hatte. Ich hätte es lieber schon mindestens anderthalb Jahre früher veröffentlicht. Ich habe es nicht extra hinausgezögert. Menschen gelten als verschollen, wenn sie nicht so präsent in

Sozialen Medien sind, als seien sie tot oder hätten ihre Karriere an den Nagel gehängt. Wenn man sich an bestimmten Praktiken des Internets nicht beteiligt, wird man fast schon ausradiert.

Missy Magazine 01/23,Ihr Fingerabdruck
© Justin French

Empfindest du Soziale Medien eher als Inspirationsquelle für oder als Ablenkung von deiner kreativen Arbeit?
Es gibt Phasen, da finde ich Soziale Medien schon produktiv, sie bringen mir einen Mehrwert. Aber manchmal finde ich persönlichen Kontakt und Gespräche sinnvoller. Auch, wenn es um Konfliktlösungen geht. Es gibt Fälle, in denen es effektiver ist, öffentlich im Internet auf Ungerechtigkeit hinzuweisen, aber viele Menschen haben verlernt, Ko…