Interview: Laura Helene May

Wie bist du auf die feministisch-revolutionäre Vergangenheit Münchens gestoßen?
Ich lebe und arbeite hier und bin hier schwanger geworden. Seit der Geburt fühlte ich mich das erste Mal auf eine Frauenrolle zurückgeworfen, die ich überwunden geglaubt hatte. In stillenden Nächten habe ich aus Ver- zweiflung angefangen, nach dem feministischen Erbe in München zu suchen – und bin auf Anita Augspurg gestoßen.

Warum erzählt „Anti War Women – Wie Frauen den Krieg bedrohen“ von Augspurgs Zeit im Ersten Weltkrieg?
Sie und ihre Partnerin Lida Gustava Heymann initiierten den Frauenfriedenskongress 1915 in Den Haag. Pazifismus galt damals als Landesverrat, dennoch wollten sie mit internationaler feministischer Solidarisierung gegen den Krieg protestieren. Mich hat umgehauen, dass sie ihre Ohnmacht in Wut und Aktion verwandelt haben. Viele Frauenrechtlerinnen sahen das anders und wollten durch Pflegen, Flicken und Stricken an der Heimatfront die Gleichberechtigung erreichen. Der Frauenfriedenskongress in Den Haag fand trotzdem statt, von 28. April bis zum 01. Mai 1915. Die Frauen haben sich getroffen, obwohl sie offiziell miteinander im Krieg standen! Rund 2000 Frauen aus 16 Ländern reisten an, auch wenn mit allen  Mitteln versucht wurde, das zu verhindern. Sie wendeten demokratische Verfahrensweisen an, obwohl sie als Frauen – ohne Wahlrecht – keine politischen Subjekte sein durften. Es gab Delegationen, …