Von Ulla Heinrich

Das Publikum nimmt in bequemen Sitzsäcken in einem Raum mit einer großen Leinwand Platz. Die Stimme von Yaxu erklingt, einem von zwei Charakteren aus „Morphogenic Angels“, dem neuen Game des Künstler*innenkollektivs Keiken. Yaxu bittet uns, die Spieler*innen, them zu helfen und das Spiel beginnt. Wir werden darüber informiert, dass wir uns in einer weit entfernten Zukunft befinden. In dieser Zukunft sind virtuelle Welten so komplex entwickelt, dass sich ihre Simulationen perfekt anfühlen. Menschen gibt es nicht mehr, nach einem technologischen Upgrade wurden sie zu posthumanen Engeln. Diese Lebewesen sterben nicht, sie morphen. Die Landschaft, in die uns Yaxu mitnimmt, ist sphärisch. Es schneit, aber es ist nicht kalt. Es ist dunkel, aber es ist nicht Nacht. Die Konfrontation mit extremen Wetterlagen wie starkem Regen machen dem Morphogenic Angel nichts aus. Wir folgen dem genderlosen Körper von Yaxu, der auch Elemente von Tieren und Pflanzen enthält, in der Single- Player-Perspektive – wir schauen dem Wesen über die Schulter.

Das Game kann immer von einer zuschauenden Person gespielt werden, alle anderen Gäste schauen zu und werden durch die immersiven Aspekte des Spiels geradezu in die Geschichte ge- zogen. Interaktive Gaming-Teile wechseln sich in „Morphogenic Angels“ mit epischen Filmszenen ab. An dieser Schnittstelle von Gaming und Film zu experimentieren, mache erst jetzt Spaß, lässt mich das Kollektiv Keiken im Zoom-Interview wissen, denn erst heute ist die Technologie so leistungsstark, dass szenisch und filmisch qualitativ Hochwertiges entstehen kann: „Wir möchten mit unserer Kunst Zukünfte kreieren, die Technologie so nutzen, wie wir es uns jetzt noch nicht vorstellen können.“

Zur Philosophie des Kollektivs gehört das kollaborative Arbeiten. Das technische Know- how, das sie für ihre Werke benötigen, bringen sie sich gegenseitig bei. Als das Kollektiv sich während des gemeinsamen Kunststudiums im Jahr 2015 gründete, hätten die Mitglieder noch kein Technikwissen gehabt, erzählen sie. Umso beeindruckender …