Am 24.04.1992 wurde Nguyễn Văn Tú in Berlin-Marzahn von einem Neonazi ermordet. Nguyễn Văn Tú kam als Vertragsarbeiter in die DDR und starb mit nur 29 Jahren durch einen rassistisch-motivierten Messerangriff.

Was ist passiert?

Mit der Wiedervereinigung wurde das bundesdeutsche Ausländerrecht ohne Anpassungen auf die Länder der ehemaligen DDR übertragen. Das bedeutete für etwa 70.000 vietnamesische Vertragsarbeiter*innen, um Arbeit, Wohnung und Aufenthalt bangen zu müssen. So auch Nguyễn Văn Tú, der in der Nähe vom Brodowinger Ring in Berlin-Marzahn einen kleinen Stand mit Freund*innen betrieb, um sich sein Leben weiterhin finanzieren zu können. Am späten Nachmittag des 24. April 1992 trafen drei angetrunkene Neonazis auf den Stand und begannen zu randalieren. Văn Tú stellte die Angreifer zur Rede und wurde von dem 21-jährigen Täter tödlich mit einem Messer attackiert.

Die Ermordung von Nguyễn Văn Tú gilt als staatlich-anerkanntes Verbrechen und gehört traurigerweise zu den bekanntesten Hassverbrechen nach der Wende. Wieder einmal waren es Betroffene und Aktivist*innen, die für die Anerkennung des Mordes als rassistisch motivierte Straftat und das Gedenken kämpfen mussten.

© Verschiedene am Gedenken beteiligte Akteur*innen / Bündnis für Demokratie und Toleranz am Ort der Vielfalt Marzahn-Hellersdorf

Wo bleibt die deutsche Erinnerungskultur?

Es ist nicht überraschend, dass staatliche Zugeständnisse im Kampf um ein Denkmal nur symbolpolitisch sind: Nachdem Aktivist*innen etliche Jahre ein Denkmal forderten, stimmte der Berliner Bezirk erst 30 Jahre nach dem Mord zu, eine offizielle Gedenktafel bereitzustellen. Diese wurde kurze Zeit später geschändet und zerstört.
Rechte Gewalt bedeutet auch Leugnung, Unsichtbarmachung und inkonsequente Erinnerungspraktiken rassistischer Morde. Als Gesellschaft müssen wir uns bewusst machen, dass rechtsextremistische Angriffe auf Denkmäler, Gedenktafeln und weitere Symbole der Erinnerung nicht nur emotionale Gewalt gegen Angehörige und Betroffene reproduzieren. Sie sind genauso taktische Aktionen, um rechtsmotivierte Verbrechen zu verschleiern und ein verfälschtes historisches Narrativ zu etablieren.
Dem muss mit aller Konsequenz entgegengetreten werden.

Perspektiven antirassistischen Widerstands

Unter anderem die Initiative für das Gedenken an Đỗ Anh Lân und Nguyễn Ngọc Châu, die beide 1980 bei einem rassistischen und rechtsterroristischen Brandanschlag in Hamburg ums Leben kamen, kämpft unermüdlich um eine menschenwürdige Gedenk- und Erinnerungskultur – und dass sollten auch wir tun. Erinnern ist eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung, die insbesondere dann auch von der Zivilgesellschaft getragen werden muss, wenn der Staat dieser Pflicht nicht nachkommt.
Was meinen wir damit, wenn wir sagen: „Ihr seid nicht allein”? Wie können wir gemeinsam solidarisch agieren, ohne blanke Symbolpolitik zu betreiben?
Die Liste von ermordeten Menschen durch rechte Gewalt in Deutschland ist lang und wird immer länger. Um dagegen zu steuern, brauchen wir eine klare Haltung gegen Rassismus und Faschismus auf Regierungs- sowie gesellschaftlicher Ebene. Positioniert euch, seid präsent auf Gedenkveranstaltungen und Demonstrationen, und, wenn ihr könnt, unterstützt Initiativen und Aktivist*innen beim Aufbau von nachhaltigen Strukturen durch finanziellen Support.

Als Teil der deutschen Medienlandschaft sehen wir unsere Verantwortung darin, Geschehnisse und Kämpfe aus Betroffenenperspektive abzubilden, um einen Beitrag zur gesamtgesellschaftlichen Sensibilisierung beizutragen. Heute, am Gedenktag von Nguyễn Văn Tús Ermordung, rufen wir dazu auf, dieses Verbrechen sichtbar zu machen: Informiert euch selbst, eure Freund*innen und (Wahl-)Familien, unterstützt die politische Arbeit von Aktivist*innen und Initiativen, durch Sichtbarmachung ihrer Arbeit und/ oder indem ihr spendet. Denn diese höchst (emotional) anstrengende Arbeit muss bezahlt werden, damit die Personen, die diese Arbeit leisten, nicht ausbrennen.

Eine ausführliche Rede über die Bedeutung von Gedenk-und Erinnerungskultur im Kontext von White Supremacy, findest du auf der Webseite von Korientation e.V., einem wichtigen Netzwerk für aAsiatisch-dDeutsche Perspektiven mit einem gesellschaftskritischen Blick auf Kultur, Medien und Politik. Ihre Arbeit zu unterstützen ist essenziell und wichtig.

 

Spendenmöglichkeiten:

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Infos zu Gedenktafeln und Standort findest du hier:

https://www.gedenktafeln-in-berlin.de/gedenktafeln/detail/nguyen-van-tu/3238

https://gedenkstaetten-in-hamburg.de/gedenkstaetten/zeige/gedenkstein-fuer-nguyen-ngoc-chau-und-do-anh-lan