Missy Magazine 03/23, Sonderausgabe, Podcast

I Weigh
Mit der Instagram-Bewegung „I Weigh“ wollte die britische Schauspielerin, Moderatorin und Aktivistin Jameela Jamil 2017 in erster Linie ein Zeichen gegen den toxischen Schönheitskult setzen. Seit 2020 spricht sie in dem dazugehörigen Podcast mit Personen aus den unterschiedlichsten Gesellschaftsbereichen über mentale Gesundheit und intersektionalen Feminismus – ob mit der Schauspielerin Laverne Cox über das Leben als Schwarze trans Frau, mit der Paartherapeutin Esther Perel über nicht-monogame
Beziehungen, mit der Autorin Maisie Hill über den Menstruationszyklus und Autismus oder mit der Psychotherapeutin Nedra Glover Tawwab über das Setzen von Grenzen. Jamil geht das Ganze mit einer ansteckenden Leichtigkeit an: Sie zeigt sich verletzlich, gibt tiefe Einblicke in ihr Privat- und Gefühlsleben und bezieht klare politische Stellung – und bleibt dabei humorvoll. Während der Gespräche scheint Jamil keinem strikten Faden zu folgen. Das ist zwar authentisch, ufert teils jedoch aus und führt zu Folgen mit Längen von mehr als eineinhalb Stunden. Doch das lässt sich verkraften, denn es macht Spaß, Jamil zuzuhören. Lena Mändlen

 „I Weigh“ Jameela Jamil, 43–93 Min. Auf allen gängigen Plattformen.

Missy Magazine 03/23, Sonderausgabe, Podcast

Table Manners
Tischmanieren heißt übersetzt der 2017 gestartete Podcast von Jessie Ware und ihrer Mutter Lennie. In jeder Episode bekocht das Mutter-Tochter-Duo einen Promi, von Politiker*in bis Popmusiker*in. Lennie steht meist fürs Menü, mit ihrer Lemon-Ricotta-Tarte bspw. schaffte sie es zuletzt, ABBA-Gründer Björn Ulvaeus seine Diätpläne über Bord werfen zu lassen und ihm „aaaahmmmmh“-Laute zu entlocken, die die Gastgeberinnen triumphierend als „sex sounds“ notierten. Egal, wer zu Gast ist, Jessie und Lennie outen sich fast immer als totale Fangirls, halten sich mit indiskreten Fragen aber nicht zurück. Zum Menü, häufig inspiriert von ihren jüdischen Familientraditionen, wird Sekt oder Wein gereicht. Die Atmosphäre ist gemütlich: Es wird probiert, gelobt, gezankt und geplaudert. Mit britischem Humor werden alle abgefeiert vom Spice Girl bis zum Bestsellerautor – und natürlich auch Jessie und Lennie selbst mit ihren liebenswerten Eigenarten, Insiderjokes und Spaß an der Sache. Dass „Table Manners“ in der 15. Staffel läuft, wundert nicht. Amelie Persson

 „Table Manners“ Jessie & Lennie Ware, 20–64 Min. Auf allen gängigen Plattformen.

Missy Magazine 03/23, Sonderausgabe, Podcast

The Rest Room
„The Rest Room“ ist ein englischsprachiger Podcast über das Leben mit chronischen Erkrankungen. Produziert wird er von Natasha Lipman, einer ehemaligen BBC-Journalistin, die selbst u. a. am Ehlers-Danlos-Syndrom erkrankt ist. Im Podcast geht es um Themen wie Pacing, Schmerzen, Belastungsintoleranz, Lohnarbeit, aber auch allgemein um Behinderung und Accessibility – alles ohne Schwurbel. Zu Gast sind Fachleute, Aktivist*innen und Friends. Ein besonders interessanter (und selbst mit etwas Brainfog verständlicher) Beitrag setzt sich z. B. historisch und philosophisch mit unserem Verständnis von Genesung auseinander. So war es zur Zeit der Brontë Schwestern üblich, sich wochen- oder monatelang von einem Infekt zu erholen. Gerade heute, wo es heißt, „die Pandemie ist vorbei“, und Covid-Erkrankte unter Druck stehen, asap zur Lohnarbeit zurückzukehren, tut es gut, zu hören, dass das nicht immer die Norm war. Auskurieren statt Ausbeutung! Kuren statt Reha! Natasha führt ruhig und freundlich durch die Beiträge – wenn der Podcast startet, fühlt es sich tatsächlich an, als würde man einen Pausenraum betreten, nur dass der im Gegensatz zu corporate Rest Rooms abgedunkelt, gemütlich und ruhig ist – ganz im Sinne von uns chronically ill Mäusen. Rosen Ferreira

 „The Rest Room“ Natasha Lipman, 20–55 Min. Auf allen gängigen Plattformen.

Missy Magazine 03/23, Sonderausgabe, Podcast

How To Fail
Aus Fehlern lernen klingt furchtbar abgedroschen, doch wie aus Fehlern Geschichten werden und wie sie zu entscheidenden Schicksalswendungen führen können – dem geht die Britin Elizabeth Day in „How To Fail“ nach. Die Bestsellerautorin lädt prominente Gäste aus Popkultur, Literatur und Medien ein und befragt sie zu ihren größten Fehlern und Misserfolgen. Ob gescheiterte Beziehungen oder Reinfälle im Berufsleben, im Rückblick und mit etwas zeitlichem Abstand klingen die Berichte manchmal wie Anekdoten, auch wenn es schmerzhafte Erfahrungen waren. Elizabeth Day, in Großbritannien bekannt als Kolumnistin und Romanautorin, kommt selbst immer wieder auf ihren unerfüllten Kinderwunsch zu sprechen und thematisiert die Schwierigkeit, mit unfreiwilliger Kinderlosigkeit klarzukommen. Day scheut sich zwar nicht vor ernsten Themen, doch Humor ist Grundzutat ihres Podcasts. So fragt sie die 83-jährige Bestsellerautorin Margaret Atwood nach dem Geheimnis ihrer guten Haut und wie sie zu Contouring steht. Mit „Fleabag“-Darstellerin und Autorin Phoebe Waller-Bridge spricht sie darüber, wie katastrophales Dating perfektes Serienmaterial lieferte. Hörer*innen können in „How To Fail“ vor allem eines lernen: Mut. Es geht immer weiter und die illustre Gästerunde aus 16 Staffeln seit 2018 zeigt, dass manche Fehler die größten Chancen bergen. Amelie Persson

 „How To Fail“ Elizabeth Day, 41–76 Min. Auf allen gängigen Plattformen.

Diese Texte erschienen zuerst in Missy 03/23.