An die Gen 9/11
Von
Interview: Ann Toma-Toader
Die Evakuierung des Kabuler Flughafens stellt den Ausgangspunkt der Handlung in „LANDSFRAU“ dar. Gibt es außer der aktuellen Situation in Afghanistan noch weitere Gründe für diese thematische Wahl?
Unbedingt! Als Deutsch-Afghanin beschäftigt mich das Ringen mit der eigenen Identität natürlich schon lange. Ich weiß gar nicht, wie oft mir bspw. in meinem Studium geraten wurde, das künstlerisch umzusetzen. Es war mir damals aber kein Bedürfnis, diese Art von Voyeurismus zu befriedigen oder mich mit meiner Geschichte zu vermarkten. Das Wiedererstarken der Taliban hat diese Auseinandersetzung notwendig gemacht. Der Schock um den mit einem Mal versperrten Zugang zu Kunst und Kultur, aber auch zu immateriellem Wissen als Grundpfeiler von Identität, war Auslöser für meine Suche nach
alternativen Bezugspunkten. Während des Entstehungsprozesses des Theaterstücks verschob sich mein Fokus von der politischen Situation – Afghanistan als Kriegsschauplatz – zu allgemeineren Fragen der Erinnerung und des Traumas in der Diaspora. Und zu einer persönlichen Reflexion zum Thema Schuld. Damit ist mein Blick mehr auf mich gewechselt, auf meine Familie und unsere Geschichte im Kontext einer historischen Wiederholung der Taliban-Regentschaft. So versuche ich, die Komplexität einzelner Geschichten hervorzuheben, statt aus meiner privilegierten Perspektive Aussagen über die afghanische Gesellschaft zu treffen.
Welche Rolle spielt bei „LANDSFRAU“ die westliche Repräsentation Afghanistans?
An diesem Soloabend sind die Bilder der westlichen Repräsentation Afghanistans – neben den Erinnerungen der Protagonistin und dokumentarischem Material aus ihrem Familienarchiv – ein zentraler Dialogpartner. Sie setzt sich kritisch mit übe…