Die Hoffnung stirbt…jetzt?
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Von Marie Serah Ebcinoglu
Zuletzt gab es wieder Hoffnung. Hoffnung darauf, dass in der Türkei Erdoğans autoritäre Regierung abgewählt und Pressefreiheit hergestellt werden könnte, Oppositionelle befreit würden. Hoffnung auf ein freieres Leben. Mit dieser Hoffnung ist erst einmal Schluss.
Nicht zum ersten Mal: In der komplizierten Geschichte des Landes gab es immer wieder Phasen von Hoffnung auf erfolgreiche Kämpfe um demokratische Grundrechte. In den 1970er-Jahren etwa, bevor der Militärputsch vom 12. September 1980 der starken Linken den Stecker zog. Oder 2013, während der sogenannten Gezi-Park-Proteste.
In ihrem Debütroman „Natürlich kann man hier nicht leben“ verbindet die 25-jährige Juristin und Journalistin Özge İnan (aka „Twitter-Özge“) nun diese beiden historischen Ereignisse miteinander. Nicht nur durch die Hoffnung, sondern auch durch die brutale
Vehemenz, mit der jeweils gegen die Bewegungen vorgegangen wurde, bestehen zwischen ihnen Parallelen. „Gezi hat viele junge Leute politisiert und radikalisiert. Sie haben beobachtet, wie gewaltsam der Staat gegen Demonstrant*innen vorgeht und dass ihm ihr Leben im Zweifel nichts wert ist. Viele Menschen, die damals jung waren, sich politisiert haben und jetzt erwachsen sind, haben wenig übrig für diesen Staat“, erklärt İnan im Gespräch.
So wie Nilay. Die 16-jährige Protagonistin aus İnans Roman lebt 2013 mit ihrer Familie in Berlin. In den Nachrichten verfolgen ihre Eltern die Ausschreitungen rund um Gezi und sitzen resigniert und Pistazien knackend vor dem Fernseher. Ansonsten ändert sich aber scheinbar nichts in ihrem Leben – was Nilay einfach nicht begreifen kann. Sie ist wütend, dass ihre Eltern passiv bleiben, obwohl sie doch selbst aus der Türkei kommen. „Seit ich denken kann, ist da derselbe Typ an der Macht, und jetzt könnte er endlich gestürzt we…