Musiktipps 04/23
Von MissyRedaktion
Jayda G
„Guy“
( Ninja Tune / GoodToGo )
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„Guy“ ist nicht irgendein Typ, der uns durch Jayda Gs gleichnamiges Album begleitet. Man hört ihn immer wieder, wie an einem alten Münztelefon vor Jahrzehnten. Er, das ist William Richard Guy – Jaydas Vater, der verstarb, als sie gerade einmal zehn Jahre alt war. Für ihr drittes Album hörte sich die Kanadierin durch elf Stunden privater Aufnahmen. Die Versatzstücke seiner Erzählungen und kurze Monologe bilden die „afroamerikanische Erfahrung“ ab, wie Jayda G sie selbst nennt. Und so wirkt das ganze Album wie eine Zeitreise. „Blue Lights“ beginnt etwa mit einem treibenden Retro-Clubbeat, später setzen Drums ein. Der ganze Song fühlt sich an wie eine Nacht in den Neunzigern. Aber wenn der Hall nachlässt, klingt Jayda Gs Stimme modern, fast poppig. Manchmal singt sie mit ihrem Vater im Duett auf einen fiebrigen Rhythmus („Sapphires Of Gold“), manchmal clashen die Spuren („Heads Or Tails“). „Your Thoughts“ und „Lonely Back In O“ scheinen dafür direkt aus den Achtzigern. Jaydas Lyrics zeichnen das Leben ihres Vaters nach, wie er in Kansas immer wieder in Konflikt mit Schlägern aus der Nachbarschaft und dem US-Gesetz kommt („I’ve got scars and I promise you I’m growing“). „Guy“ endet nach 13 Tracks mit „I love you very much“ – das Tonbandgerät bricht ab, spult zurück. Bereit, neu zu starten, denn man kann die Platte immer und immer wieder hören. Simone Bauer
PJ Harvey
„I Inside The Old Year Dying“
( Partisan Records )
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PJ Harvey ist seit mittlerweile knapp dreißig Jahren im Musikgeschäft unterwegs und hat einen unvergleichlichen Sound geprägt. Nun erscheint ihr 17. Studioalbum und es ist erneut mit nichts zu vergleichen – nicht mal mit ihrer eigenen Musik. Es ist kaum möglich, die zwölf Songs auf „I Inside The Old Year Dying“ einzeln zu betrachten, bilden sie doch ein poetisches Ganzes. Es sind luzide Träume, sphärisch und melancholisch mit einer unfassbaren Dichte, die geradezu beschwörend erscheint. Dabei singt PJ Harvey mit ihrer glasklaren Stimme nicht einfach nur, sie durchdringt die Lyrics und erschafft ganze Klangwelten. Themen wie Kindheit und Tod, Entstehung und Erneuerung, Hingabe und Auflösung, das stetige Werden und Suchen bauen aufeinander auf, werden eingeflochten in eine Soundkulisse aus Rauschen und surrealen Elementen. Der Satz „Love me tender“ zieht sich dabei durch alle Stücke. PJ Harvey sagt selbst, dass sie vor diesem Album nicht mehr wusste, ob sie überhaupt noch Musik machen wollte. Was half, war, an einem neuen Gedichtband zu arbeiten und sich der Musik ohne Ziel hinzugeben. Herausgekommen ist ein kollaboratives Werk voller lyrischer Neuanfänge, in dem man sich beim Hören wunderbar verlieren kann und das möglicherweise eine neue Ära für PJ Harvey einleitet. Avan Weis
Bipolar Feminin
„Ein fragiles System“
( Buback )
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Um es gleich zu sagen: Dieses Album macht sehr viel Spaß. Aber ganz sicher nicht, weil die Wiener Band Bipolar Feminin irgendwie gute Laune verbreiten würde. Die größte Party auf ihrem Debütalbum „Ein fragiles System“ findet statt, während man auf dem Boden liegt und auf alles scheißen kann. Aus Leni Ulrich singt die Wut. Die Wut auf all das, was nervt. Selbstoptimierung. Der Kapitalismus mit seinen attraktiven Produkten. Überhaupt der Neoliberalismus, in dem man immer schön „tüchtig“ sein soll. Bipolar Feminins Musik ist nicht tüchtig. Eher so Indie, Grunge, Punk mit Slacker-Attitüde, simpel, schrammelig, schnodderig. Dabei schaffen es die vier Österreicher*innen, sowohl eine Verweigerungshaltung als auch Empowerment zu propagieren. Menschen schlafen hier in verrauchten Räumen und Kippen werden an Kerzen angezündet, aus Rache am Matrosen oder gleich am ganzen Patriarchat. Mit Leni Ulrich will man, noch während man dieses wunderbar unbeherrschte Album hört, sofort was trinken gehen und auf alles schimpfen. Und dabei viel zu laut lachen. Vielleicht kommt ja auch noch Tocotronics Arne Zank dazu, dem – natürlich völlig zu Recht – eine kleine Ode gewidmet wird mit der prägnanten Zeile: „Fick dich ins Knie, Elbphilharmonie.“ Ich sag ja, es macht Spaß. Juliane Streich
Christine and the Queens
„Paranoïa, Angels, True Love“
( Because / Virgin )
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Mit Charisma, Emotionen und Epos ausgestattet erfindet sich Chris ein weiteres Mal neu – diesmal im Soundgewand des Beyoncé-Producers Mike Dean. Die neue Platte ist der zweite Teil von Chris’ Interpretation des Theaterstücks „Angels In America“ von Tony Kushner, eines ikonischen Dramas über die Queerkultur der Achtziger, das 1991 seine Uraufführung hatte. Es lohnt sich, „Angels In America“ genauer unter die Lupe zu nehmen, denn die tonale Hommage von Christine and the Queens ist eng verwoben mit den Figuren des Stückes. Doch auch ohne Deepdive in die queere Theaterlandschaft der Neunziger macht „Paranoïa, Angels, True Love“ Spaß und Sinn. Madonna und 070 Shake sind würdevolle Feature-Artists – Synth-Pop, R’n’B, Pathos, was für ein Theater! Chris ist einer dieser Künstler, der sich nicht vor Entwicklung und Veränderung scheut und immer genau das zu tun scheint, worauf er gerade Lust hat. Damit kreiert er auf der Platte ein durchgehend befreiendes Gefühl. Mal dunkel, mal glitzernd, mal imposant, mal zart: „Paranoïa, Angels, True Love“ rollt wie eine riesige Soundwelle auf die Hörenden zu. Und nichts macht so viel Spaß, wie sich von Chris die Sorgen mit großen Songs aus dem Kopf pusten zu lassen! Vanessa Sonnenfroh
Tora-i
„& what else?“
( AWAL )
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„& what else?“ – wie sich herausstellt, gibt es noch einiges, was die Londoner Künstlerin zu erzählen hat. Die EP folgt dem Debüt „Cavalier“ aus 2020 und ist das genrefluide Resultat von ungezügelter kreativer Freiheit. Während jeder Song seinem eigenen Tempo folgt und so Raum für die Auseinandersetzung mit verschiedenen Gefühlen schafft, malt Tora-i ein imposantes, EP-übergreifendes Stimmungsbild. Geleitet von ihrer sanften Stimme werden die elektronischen R’n’B-Kompositionen leicht zugänglich. Vielschichtig erzählt „Serial“ mit Stimmharmonien und windigen Bläserarrangements von verflossener Liebe. Das langsame „Crystalline“ fragt vorsichtig nach den Bedürfnissen einer geliebten Person. „00folklore“ schlägt eine jazzige Note an, während Tora-i spoken-word-artig und mit Witz von Gen-Z-Erfahrungen berichtet: „’bout two lessons away from a tear drop tatt on my face“. Hier dürfen Emotionen in all ihren Ambiguitäten nebeneinander existieren. „Empathy with a sharp tongue“, steht in der Instagram-Bio der Sängerin. Die EP „& what else?“ ist genau das: hochsensibel und clever, eine Saite, die auf allen Frequenzen schwingt, vom funky, tongue-in-cheek „Palace“ bis zu dem theatralisch intimen „10months“. Dabei ist Tora-i durch und durch gefühlvoll – empathisch, aber eben mit scharfer Zunge. Liv Toerkell
Speech Debelle
„Sunday Dinner On A Monday“
( Monday Sessions Records )
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Nachdem sie 2009 mit dem Mercury Prize für das beste britische Album ausgezeichnet worden war, strauchelte Corynne Elliott alias Speech Debelle im Popgeschäft: Ihr Debüt und die darauffolgende Platte „Speech Therapy“ wurden nicht so erfolgreich, wie ihr Label es sich vorgestellt hatte. Die Londoner Rapperin zog sich aus der Branche zurück, fing an zu kochen, statt Musik zu machen – und wurde auch in dieser Disziplin mehrfach mit Preisen bedacht. 2017 nahm sie ein weiteres Album auf, das zusammen mit einem Kochbuch veröffentlicht wurde. Auch auf ihrem vierten Album „Sunday Dinner On A Monday“ verknüpft Speech Debelle Essen und Musik: Beides seien heilende Künste, über die sie in ihrem Podcast „The Work Brunch“ gern mit populären Gästen spricht. Der Album-Opener „Curry Mutton“ ist ein Spoken-word-Rezept mit ganz konkreten Zubereitungsanweisungen, gespickt mit Lebensweisheiten. In den sich anschließenden 14 Tracks mixt Debelle Hip- und TripHop, Soul, Jazz-Elemente, Clubsounds und Pop – meistens ganz entspannt, aber auch spannungsreich, wie im ravigen „10 10 10“ oder dem polyrhythmisch aufgebauten „Wayward“. Vor allem in den eingängigen, beatlastigen Songs wie „Away From Here“, „DNA“ oder „Come Your Way“ wirkt Speech Debelle wie die ältere coole Schwester von Arlo Parks, die einem*r nicht nur aus dunklen Momenten heraushilft, sondern auch noch eine gute Suppe kocht. Christina Mohr
Anika
„Eat Liquid“
( Edition DUR )
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Anika lässt auf ihrem dritten Album den Geist des LSD-Gurus Timothy Leary aus der Flasche und destilliert Zeilen aus Learys 1964 veröffentlichtem Trip-Manual „The Psychedelic Experience“ zu einer Reise „into the unknown“: „Do not fear it / Surrender to it“, raunt die Berliner Künstlerin ihren Mitreisenden auf dem Stück „Climb On-Board“ zu, und fast körperlos schlackern dabei die Worte zwischen verklecksten Synth-Anschlägen, spärlich rieselnden Gitarrenakkorden und einem wie Plasma wabernden Schleier aus nostalgischen Sci-Fi-Orgeln. Herzlich wenig hat dieser Sturzflug durchs All mit den bekifften Jams der Hippies zu tun, stattdessen verbindet Anika die Dringlichkeit einer Nico mit einem Hauch von ASMR zu einer konzentrierten vierzigminütigen Komposition im Gravitationsfeld von Ambient und Kosmischer Musik. Zwar wirken die lyrischen Meditationen über das Nichtsein des Nichts und die Formlosigkeit der Form manchmal wie metaphysische Schaumschlägerei, doch sie kommen glücklicherweise selten zum Einsatz und finden in der sehnsuchtsvollen, an Sibylle Baier erinnernden Folk-Ballade „Jane Goes Gently“ ihr Gegengewicht. Vielleicht bleibt die ganz große bewusstseinssprengende „Experience“ auf „Eat Liquid“ aus, dafür lockt Anika tief in eine dämmrige Trance, der man sich mit Haut, Haar und dem verbleibenden Rest Verstand völlig ausgeliefert sieht. Sonja Matuszczyk
Suzie True
„Sentimental Scum“
( Get Better Records )
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Die Gitarren sind schrill, der Gesang ist es auch. Suzie True gehen mit einem neuen, elektrisierenden Album an den Start. „Sentimental Scum“ ist garantiert nicht gefällig, sondern kredenzt eine knalligere, aufgewühlte Kaugummiversion von Grunge. Sängerin Lexi McCoy, Gitarristin G Leonardo und Schlagzeugerin Sarah Pineapple sind mit klebrigem Pop-Punk à la Blink-182 aufgewachsen und haben den selbstironischen Party-Punk durch Wahrhaftigkeit und Ehrlichkeit aufgewertet. Die Band aus L.A. teilt ihre Erfahrungen in romantischen und platonischen Beziehungen. Obgleich die Lyrics allesamt ziemlich gefühlig sind und sich thematisch um die klassischen Herzensthemen ranken, verzichten Suzie True auf Schnörkel, Metaphern oder Analogien. Rohe Zeilen paaren sich mit rohem Gesang, paaren sich mit roher Gitarre. Neben sperrigen Nummern wie „Friends At Best“, ein Song, in dem Lexi schreit, zetert und tobt, gibt es auch ruhigere, süße Momente. Mit leichtfüßigem Geklimper überraschen Tracks wie „Honeybear“ und nehmen immer wieder ein wenig Tempo aus der Platte, die sonst drohen würde, sich zu überschlagen. Dem energetischen Level tut dies allerdings keinen Abbruch. Der letzte Song „Wine Stains“ manifestiert das lodernde Feuer schließlich mit einem kreischenden Call-And-Response-Teil, mit dem sich das Trio noch mal zu Höchstform hochpeitscht. Dann ein letztes schillerndes Feedback, das aus den Verstärkern fiept, und „Sentimental Scum“ findet ein triumphales Ende. Rosalie Ernst
Georgia
„Euphoric“
( Domino, VÖ: 28.07. )
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Ihre Musikkarriere hatte Georgia ursprünglich als Schlagzeugerin (u. a. für Kae Tempest) gestartet. Spätestens mit ihrem zweiten Album „Seeking Thrills“ ist der Londoner Produzentin und Singer-Songwriterin der Durchbruch als Solokünstlerin gelungen. Während sich „Seeking Thrills“ noch aus der Ekstase nüchterner Cluberfahrungen speiste – Georgia hatte dem Alkohol abgeschworen, aber nicht dem Nachtleben –, wandelte sich der Eskapismus ihrer Partybesuche mit wachsendem Erfolg mehr und mehr zur Flucht vor der Außenwelt. Mit „Euphoric“ widmet sich Georgia mit der für sie typischen Soundliaison aus am Piano geschriebenen Popsongs, elektronischen Club-Beats und Synthesizern wieder ihrem zentralen Thema: der Tanzfläche. Während der Produktion hat sich Georgia nicht nur vom Kultfilm „The Beach“, sondern vor allem vom Popsound der Neunziger-/Nullerjahre inspirieren lassen. Neben einer beachtlichen Anzahl Songs, die sich um die romantische Anziehung drehen, die schnell in überzogenen Nächten überspringen kann, sticht „Friends Will Never Let You Go“ heraus: eine Hymne an die Freund*innenschaften, die noch lange über die Euphorie eines Clubabends hinwegdauern. Natürlich getragen von einem Jungle-Beat. Sophie Boche
Claud
„Supermodels“
( Saddest Factory )
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„Every Fucking Time“, welch genialer Songtitel, erinnert er doch an Liz Phair anno 1993. Doch Claud Mintz aus Chicago, ist (noch) nicht ganz so cool. Deren Song handelt von krasser Beziehungsarbeit über schöner Gitarrenmelodie und Geigen. Wobei die Gitarre sehr an Oasis’ „Wonderwall“ erinnert, aber who cares. Claud begeisterte 2021 mit dem schlauen Debütalbum „Super Monster“. Nun also „Supermodels“. Man spürt bei den 13 Songs sofort, dass Claud Kratzer abbekommen hat, deren Songs künden von Verlust, Weggang, aber auch Befreiung. Dey hatte wohl nur eine kaputte Akustikgitarre und ein verstimmtes Klavier im Haus; dafür klingt „Supermodels“ ganz schön breitwandig. Lieblingslieder sind das traurige „Wet“, dessen schmaler Beat nach linkischen jungen Leuten klingt, die schüchtern aneinander vorbeitanzen. Aber auch „The Moving-on“ mit muskulöser Gitarrenwand, im Hintergrund düdelt das charmant schiefe Klavier. Das betörendste Stück wartet am Schluss. „Screwdriver“, ohne viel Make-up, handelt von Stress. „You caught me looking at photographs of Supermodels / Trying not to cry when I look back at myself“, aber auch: „Sometimes I feel like getting married / Sometimes it’s all a dream / Sometimes I feel like we should bury it here / Before we sink“. Schöner kann man das Rauf und Runter einer Beziehung nicht ausdrücken. Barbara Schulz
Mavi Phoenix
„Biggest Asshole In The Room“
( LLT Records )
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Er legt nach – aber so richtig. Nur ein Jahr nach der Veröffentlichung von „Marlon“ toppt Rapper Mavi Phoenix sich mit seinem dritten Album „Biggest Asshole In The Room“ selbst. Die musikalische Weiterentwicklung des 27-Jährigen ist deutlich zu hören. Nicht nur in den experimentellen Beats und dem gekonnten Mix diverser Stilrichtungen: von Oldschool bis Cloud- und Lo-Fi-Rap, hin zu Pop und Boyband-Schmus – es ist zum Dahinschmelzen, wenn Mavi mit synthetisierter Stimme singt: „I think I never stopped loving you / Maybe I hit pause or snooze but I never stopped loving you.“ Es sind solche und viele andere starke Lyrics, die hängen bleiben. Die Themen, die Mavi anspricht – nicht immer leicht. „When I die I get my answers I suppose / I might turn an eagle / who the fuck even knows? / I took a wrong turn but I’m humble / I learn“, rappt Mavi in „Bird’s Eye“ und scheint damit sich und sein eigenes Verhalten zu reflektieren. In „Biggest Asshole In The Room“, der ersten und gleichnamigen Singleauskopplung, geht er noch weiter: analysiert, kritisiert und parodiert das Konstrukt Männlichkeit. „Tennis Pro“, „Cute“, „Tonight I Feel Inspired“, „Superhero“, „Snooze“ – was daherkommt wie die beliebige Reihung eingedeutschter Anglizismen oder gar Jugendsprech, ist die Titelfolge eines von Mavi durch und durch pointierten Albums, das mehr als in die Tiefe geht – es berührt. Und dennoch, trotz all der Reflexion und Ehrlichkeit, den ernsten und traurigen Momenten: Die Musik von Mavi Phoenix hat nichts von ihrer Leichtigkeit verloren. Leonie Claire Recksiek
Dream Wife
Social Lubrication
(Lucky Number)
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Old-schoolig riot-grrrlig beginnt der erste Track des Albums, schon eine halbe Minute später kommt eine ordentliche Ladung 2020er-Pop dazu – die Mischung macht extrem schnell gute Laune. Musikalisch überraschend ist das dritte Album der in London beheimateten Dreier-Kombo Dream Wife nicht unbedingt, muss es aber auch nicht – will es vielleicht auch nicht. Es ist fein geschichtet, ein bisschen dreckig, energetisch, lustvoll – und der Gesang von Rakel Mjöll ist einfach Zucker. Dazu kommen das Patriarchat entmantelnde und vom Patriachat ermüdete Lyrics mit Biss, Witz und Empathie. Bei „Social Lubrication“ handelt es sich um ein (komplett selbst geschriebenes und selbst produziertes) Album über Gesellschaft und Gemeinschaft und möglicherweise dadurch auch um ein wichtiges Post-Covid-Zeitzeugnis. Musik sei eine der wenigen Möglichkeiten, bei der Menschen instinktiv, körperlich und wahrhaftig dasselbe fühlen würden, benennt Alice Go, Gitarristin und Produzentin der Band etwas, das wir vermutlich alle schon erlebt haben und verkündet „The live show is the truth of the band”. Leider führt ihre diesjährige Tour die Band nur durch UK, Irland und die USA – gemeinsam hören kann man die Songs aber natürlich trotzdem. Yala Pierenkemper
Diese Texte erschienen zuerst in Missy 04/23.