„Nur ihre Bezahlung ist leicht“
Von
Von Nelli Tügel
Eine Mark mehr, eine Mark mehr“, skandieren sie. Und: „Lohngruppe 2 weg! Lohngruppe 2 weg!“ In den verwackelten, grobkörnigen Aufnahmen – manche in Farbe, die meisten schwarz-weiß – sind viele junge und einige ältere Arbeiter*innen zu sehen, größtenteils Frauen, die Fäuste schwingen, lachen und kaltschnäuzig Raum einnehmen, wo sie sonst wenig zu sagen haben: in der Fabrik.
Die Aufnahmen stammen aus dem Spätsommer 1973. Sie sind Teil des 1974 erschienenen Dokumentarfilms „Pierburg: Ihr Kampf ist unser Kampf“ der Filmemacher*innen Edith Schmidt-Marcello und David Wittenberg, der eine bemerkenswerte Geschichte erzählt: die des fünftägigen Streiks von zweitausend Fabrikarbeiterinnen, überwiegend Arbeitsmigrantinnen, beim Autozulieferer Pierburg in Neuss, Nordrhein-Westfalen, an
dessen Ende die Abschaffung der „Leichtlohngruppe 2“ stand. Mithilfe dieser waren die Arbeiterinnen deutlich schlechter bezahlt worden als ihre männlichen Kollegen. Das Kollektiv Labournet TV hat nun, zum fünfzigsten Jahrestag des Streiks, den Film aus dem Archiv geborgen und damit wieder zugänglich gemacht.
Er ist Zeugnis eines historischen Arbeitskampfs, aber auch der Sprache und Ästhetik einer Dokumentarfilmkultur, die sich explizit als Teil politischer Bewegungen verstand. Edith Schmidt-Marcello und David Wittenberg waren Mitbegründer*innen des Frankfurter Mai-Kollektivs. Zu Beginn des Films heißt es programmatisch aus dem Off: „Wir alle sind als Abhängige des Kapitals zu produzi…