Sea & Sisters
Von
Von Avan Weis
Als der dänische Schriftsteller Hans Christian Andersen 1837 die Geschichte „Die kleine Meerjungfrau“ veröffentlichte, legte er den Grundstein für die westliche Sicht auf Meerwesen. Allerdings wissen die wenigsten, dass er mit seinen Zeilen versuchte, einem Angehimmelten seine Liebe zu gestehen (und dass die Meerjungfrau in Andersens Märchen am Ende stirbt). Auch wissen nur wenige, dass es seit Jahrtausenden überall auf der Welt Erzählungen zu Mischwesen aus dem Meer gab und gibt. Bekannt sind am ehesten noch die Sirenen aus der griechischen Mythologie, die mit ihrem bezirzenden Gesang Seefahrende in den Tod gelockt haben sollen. Weniger geläufig sind hingegen Ningyos aus Japan, Selkies aus Schottland, Mami Wata aus West-, Süd- und Zentralafrika, Iara aus
Brasilien, Marakihau aus Neuseeland, Melusinen aus Frankreich, Merrows aus Irland, Rusalka aus Russland oder Finfolk aus Norwegen.
Bis auf die Selkies und Mami Wata wird ihnen in allen Legenden eine gewisse Grausamkeit zugeschrieben, sie sind Wesen, von denen Gefahr ausgeht. So sind sie entweder für Ent- oder Verführung verantwortlich und bringen in der Regel Unheil. Vor diesem Hintergrund verwundert es wenig, dass Meermenschen auch im popkulturellen Kontext lange entweder als „Love Interest“, also als Angebetete der Hauptfigur, oder Monster herhalten mussten. Sie sind eine beliebte und einfache Projektionsfläche für das Unbekannte, für die Angst, in die Tiefe gerissen und verschlungen oder verwandelt zu werden und so dem Leben als Mensch den Rücken kehren zu müssen.
Gleichzeitig schwingt in den Geschichten oft eine gute Portion Sexismus und ein eurozentristisch geprägtes Schönheitsideal mit. In der westlichen Welt werden Meerjung…