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Missy Magazine 04/23, Styleneid
© Lucia Jost

Welche Bedeutung hat Mode für dich?
Mode bedeutet für mich in erster Linie, wie mich der*die andere wahrnimmt. Kleidung wird erst zur Mode, wenn sie von anderen Menschen gesehen, bewertet, kategorisiert wird, wenn man mit seiner Kleidung an einem (visuellen) Diskurs teilnimmt und diesen mit formt. Gleichzeitig liebe ich es, die Klamotten anderer Menschen anzuschauen: Welche Assoziationen kommen in mir auf, wenn ich einen Look sehe?                      

Ist Kleidung ein ­politisches Statement für dich?
Nein. Der Spätkapitalismus schafft es, jeden noch so subversiven modischen Moment zu vereinnahmen und kommerziell auszuschlachten. Es ist so gut wie unmöglich geworden, mit einem Look den Mainstream zu irritieren oder zu schockieren, so wie es z. B. Björk mit ihrem Schwanenkleid bei den Oscars im Jahr 2001 noch geschafft hat. Heute wirkt fast jeder Versuch einer modischen Provokation gewollt.               

Missy Magazine 04/23, Styleneid
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Welche Styles 
inspirieren dich derzeit?
Meine Inspiration ist zuallererst meine jüngere Schwester Canan. Auch Filme und Red-Carpet-Looks aus den 1990er- bis 2000er-Jahren verschaffen mir visuelle Befriedigung. Damals sahen Looks noch nicht so glatt aus.

Wo kaufst du deine Kleidung?
Achtzig Prozent ist Secondhand,  zwanzig Prozent kaufe ich neu. Im ersten Pandemiejahr habe ich damit angefangen, sonntags auf den Flohmarkt zu gehen. Weil die Kleidung dort so günstig ist, habe ich mir erlaubt, mich modisch auszuprobieren. Dadurch konnte sich mein persönlicher Stil auf unerwartete Weise neu entfalten.

Was sind ­aktuelle Dos & Don’ts?
Dos: ­dressing for other women und queers, Caprihosen & Jorts, Stiefel im Sommer, bauchfrei, verspielte Strumpfhosen, Eleganz im Alltag. Klamotten pflegen und reparieren lassen, Männer, die sich für den female gaze kleiden. Don’ts: monochrome Looks, „chunky“ Schuhe, Mom-Jeans, weiße Sneaker, Minimalismus, „Scandi-Style“ und tbh Fast-Fashion, es gibt keine Rechtfertigung für die elenden Produktionsverhältnisse und die Umweltverschmutzung, die Fast-Fashion produziert. Interview: Alina Kreuz
TikTok: @sopranos_fan666

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Dieser Text erschien zuerst in Missy 04/23.