Von Isolde Sellin
Illustration: Sophie Kuhn

Entspann dich. Die Wiederholungstaste in meinem Kopf ist an. Mit jedem „Entspann dich“ wächst meine Anspannung. Als ich mit 16 Jahren das erste Mal mit einem cis Mann schlafe, passiert etwas, das nicht in dem Skript stand, das mir die Gesellschaft vorher zum Auswendiglernen gegeben hatte. Es tut weh. Und zwar so richtig. Sex mit Penetration macht mir nicht nur keinen Spaß, ich habe Schmerzen. Es sind Schmerzen, die eine Penetration durch einen Penis noch nicht mal zulassen. Worte für mein Erleben kenne ich nicht. Ich fühle mich als Versagerin und hülle mich in Schweigen darüber.

Etwa zwei Jahre später übernimmt der YouTube-Kanal „Auf Klo“ die Aufklärung, die der Sexualkundeunterricht vermissen ließ. Noch bevor ich das Video „Vaginismus: Sex ohne

Schmerzen? Für mich nicht möglich“ sehe, ahne ich, dass ich hier das Wort finde, das mein Erleben beschreibt. Vaginismus bezeichnet die Verkrampfung des Beckenbodens beim Eindringen eines Körperteils oder Gegenstands – sei es Tampon, Penis, Finger oder Vibrator. Nicht alle von Vaginismus Betroffenen verkrampfen bei allem. Einige können einen Finger einführen. Doch das Eindringen eines Penis ist meist nicht möglich.

Verlässliche Aussagen über die Zahl der Betroffenen gibt es nicht. Eine kanadische Studie aus dem Jahr 1990 fasste die Daten von mehreren Erhebungen zusammen und versuchte so, sich der Häufigkeit anzunähern. Bei einer Schätzung von sieben bis 19 Prozent aller cis Frauen wird deutlich, wie unterforscht die Betroffenheit tatsächlich ist. Auch über dreißig Jahre später gibt es keine verlässlichen Zahlen, die Angaben der Studie aus Kanada werden nach wie vor häufig als Referenz genommen. Was aber aus anderen Erhebungen hervorgeht, ist, dass Schm…