© Kat Leyh

Snapdragon
Roadkill Witch war einer der ursprünglichen Titel der magisch-realistischen Graphic Novel „Snapdragon“, die jetzt nach dem Vornamen der Hauptfigur benannt ist. In der Geschichte geht es um eine vermeintliche Hexe, die in Snaps Stadt wohnt. Das furchtlose und geradlinige Mädchen aus dem Trailerpark hat jedoch keine Angst vor ihr, sondern freundet sich mit der alten Frau Jacks an und lässt sich von ihr in ihre sehr spezielle Welt einführen. Jacks Lebensaufgabe ist es, die Skelette von überfahrenen Tieren wieder zusammenzubauen, um sie im Internet zu verkaufen – nicht ohne dabei ein Ritual durchzuführen, um deren Geister zu beruhigen. Snap ist fasziniert und erfährt im Laufe der Zeit mehr über die Vergangenheit von Jack, die auch mit ihrer eigenen Familien­geschichte verknüpft ist. Kat Leyh, bekannt für die queere Webcomic-Serie „Supercakes“, hat eine intersektionale und vielschichtige Erzählung in stimmungsvolle Bilder gepackt und ein düsteres und zugleich warmherziges Buch über Freund*innenschaft, Außenseiter*innen und Queerness mit einer guten Portion Magie geschaffen. Carla Heher

Kat Leyh „Snapdragon“ ( Aus dem Englischen von Matthias Wieland. Reprodukt, 240 S., 20 Euro )

© Kate Charlesworth

United Queerdom
Im Teneriffa-Urlaub mit den queeren Friends werden Erinnerungen wach: Wie lebte es sich als (weiße cis) Lesbe im England der 1950er-Jahre? Wie konnte man bei ausschließlich schwulen Vorbildern wissen, dass man lesbisch war? Und wie erkannte man sich untereinander? In „United Queerdom“ erzählt die Autorin ihre eigene Geschichte – und verwebt sie gekonnt mit Infocollagen aus Zeitungsartikeln, Porträtschnipseln und Anekdoten. Queere Popreferenzen und Codes, die damals überlebenswichtig waren, lassen eine*n weiter recherchieren: etwa zur Geheimsprache Polari, die Queers in den 1950er-Jahren benutzten. Oder zu Alan Turing, der nicht nur den Enigma-Code der Nazis knackte, sondern auch als schwuler Mann unter Zwang einer medikamentösen Kastration unterzogen wurde. Die krasse Repression, von der queere Biografien geprägt waren, ist Albtraummaterial, dabei liegt diese Zeit kaum ein Menschenleben zurück. Wie schnell sich gesellschaftliche Werte in beide Richtungen verändern können, wird deutlich, wenn wir älteren Queers zuhören – das Graphic Memoir bietet dazu Gelegenheit. Bo Wehrheim

Kate Charlesworth „United Queerdom“ ( Aus dem Englischen von Hanna Reininger. Carlsen, 320 S., 32 Euro, VÖ: 26.09. )

Diese Texte erschienen zuerst in Missy 05/23.