Corona ist nicht Geschichte – im Gegenteil
Von Anna Böcker
Illustration: Sophie Kuhn
Vor Kurzem tauchte im Stadtbild eine Kampagne des Gesundheitsministeriums auf, die eine neue Infoseite zum Thema Long Covid bewirbt. „Antworten. Erkenntnisse. Hilfe.“ will sie liefern. Doch kann sie das? Hunderttausende, vielleicht sogar Millionen leiden mittlerweile an Spätfolgen einer Covid-Infektion. Das bereits überlastete Gesundheitssystem ist mit ihnen hoffnungslos überfordert.
Long Covid ist dabei oft unsichtbar. Die Kranken verschwinden aus dem Blickfeld, wenn sie sich aus ihrem vorherigen Leben zurückziehen müssen. Schwer Betroffene werden bettlägerig. „Mild“ Betroffene schaffen es vielleicht noch zu arbeiten, aber kaum etwas darüber hinaus. So kämpfen Long-Covid-Erkrankte nicht nur um ihre Gesundheit, sondern auch um Sichtbarkeit, damit nach Ursachen und
Therapien geforscht wird, auch um andere vor dem gleichen Schicksal zu bewahren. Sie kämpfen gegen die unermüdliche Desinformation, dass Corona harmlos und Long Covid, wenn nicht eingebildet, dann wohl ein Impfschaden sei. Viele der Erkrankten treffen auch auf Unverständnis in ihrem Umfeld oder sogar bei ihren Ärzt*innen.
Long Covid – ab drei Monaten auch „Post-Covid-Syndrom“ genannt – ist ein Sammelbegriff für diverse anhaltende und neue Beschwerden nach einer Covid-Infektion. Eine Überblicksstudie in „Nature Reviews Microbiology“ listet bis zu zweihundert Symptome auf. Manchen Betroffenen geht es nach einer Weile besser, manchen nicht. Da die Forschung an der Krankheit noch am Anfang steht, lassen sich bislang keine eindeutigen Aussagen über die Verbreitung von Long Covid treffen. Die Überblicksstudie schätzt vorsichtig, dass mindestens zehn Prozent der mit Corona Infizierten Long Covid entwickeln. Laut WHO waren im Lauf der ersten drei Pandemiejahre 36 Millionen in der europäischen Region…