Butch Fatale
Von
Deutschland und Mode sind zwei Begriffe, die trotz aller Bemühungen um die Berliner Fashion Week immer noch nur schwer zusammengehen. Als Erstes fällt den meisten wohl der 2019 verstorbene Karl Lagerfeld ein, dessen exaltierte Künstlerpersönlichkeit alle Klischees der Modebranche erfüllte. Erst als Zweites kommt einer*m dann Jil Sander in den Sinn, die diesen November achtzig Jahre alt wird. Glaubt man den Worten der Journalistin Maria Wiesner, so passt ihr dieses zurückgezogene Dasein perfekt. Denn, so steht es gleich auf den ersten Seiten ihrer Sander-Biografie, die Modeschöpferin sei
unglaublich „schüchtern“ und trage ihre geschmackvoll-monochromen Outfits wie einen „Schutzpanzer“.
Minimalismus, Schlichtheit und Unaufdringlichkeit sind Tugenden, die in der Modewelt rar gesät sind und für die die Hamburgerin stets besonders gelobt wurde. Zu ihrer aktiven Zeit hieß es, sie arbeite eher wie eine Architektin denn eine Designerin – als sei Letzteres selbstverständlich der höherwertige Beruf. Funktionalität, Statik, Konstruktion statt Raffungen, Rüschen und Glitzer. Das „Launige“ dieses „Modeschöpfer-Blödsinns“ habe sie stets abgestoßen, zitiert Wiesner Sander in ihrem Buch. Dazu passt dann auch, dass Sander sich einst gegen ein Modedesignstudium entschied und sich stattdessen zur Textilingenieurin ausbilden ließ.
Wiesner selbst ist keine Modejournalistin, sie schrieb bislang Bücher über die Deutsche Bahn, das Aufräumen als Kulturtechnik und die marxistische Feministin Alexandra Kollontai. Dass sie Jil Sanders vorgebliche Abneigung gegen die Chi-Chi-Welt der Mo…