Links: Stefanie Lohaus © Paila Winkler, Rechts: Christina Thürmer-Rohr © Gerd Conradt

Anders als viele andere Länder hat Deutschland das Problem, dass Feminismus lange Zeit mit nur einer Person in Verbindung gebracht wurde: Alice Schwarzer. Andere, insbesondere intellektuelle Vordenker*innen, sind zwar einer feministischen – meist akademischen – Teilöffentlichkeit bekannt, schafften es aber kaum in den Mainstream. 

Eine, die großes Ansehen unter Feminist*innen genießt, ist Christina Thürmer-Rohr. Ich entdeckte sie

2016, als u. a. das Gunda-Werner-Institut zu ihrem achtzigsten Geburtstag geladen hatte. Schon ihre Erscheinung hat mich beeindruckt: eine schmale Frau, schwarz gekleidet, das schwarz gefärbte Haar mit blonden Strähnen durchzogen. Eine, die komplexe Gedankengänge druckreif ausspricht und damit alles andere als dem Klischee der achtzigjährigen Frau entspricht.

Prof. em. Dr. phil. Dipl. Psych. Christina Thürmer-Rohr wurde 1936 geboren. 1972, als der Frauenanteil unter den Professor*innen an Unis der Bundesrepublik noch im niedrigen einstelligen Bereich lag, wurde sie Professorin für Erziehungswissenschaften an der TU Berlin – und erlebte die Politisierung ihrer Student*innen, die kaum jünger waren als sie selbst, hautnah mit. Sie war Teil der Frauenbewegung, Vorreiterin und praktische Inspiration für ihre Studentinnen. Sie setzte sich insbesondere mit feministischen Diskursen kritisch auseinander und entwickelte diese weiter.

In den 1980er-Jahren kritisierte sie die weitverbreitete, einseitige…