© Viktoria Mladenovski 

Wie ein moralischer Kompass navigiert uns Edie Flowers (gespielt von Uzo Aduba) durch die Miniserie „Painkiller“. Sie erzählt die in vielen Details unglaubliche Geschichte davon, wie Mitte der 1990er-Jahre die Opioidkrise in den USA ihren Lauf nahm. Diese wütet bis heute verheerend: Hunderttausende Menschen sind ihr bereits zum Opfer gefallen. Als Staatsanwältin in Virginia untersucht Flowers die Machenschaften der Familie Sackler und deren Unternehmen Purdue Pharma. Zu Beginn ist sie dabei genauso ahnungslos wie der*die Zuschauer*in. Mit ihr verstehen wir, dass das von Purdue Pharma aggressiv und mit falschen Informationen vertriebene Schmerzmittel OxyContin extrem abhängig macht, Leben zerstört und von Ärzt*innen viel zu schnell und exzessiv verschrieben wird. Getrieben auf der Suche nach Gerechtigkeit ermittelt Flowers, wie das Big-Pharma-System die Opioidepidemie auslöste und sich an ihr bereichert. Sie arbeitet dabei mit höchster Akribie: Bewaffnet mit Textmarkern in jeder erdenklichen Farbe, einer schnellen Auffassungsgabe und ziemlich schicken Nadelstreifenanzügen jagt sie die Superschurken aka eine der reichsten Familien der USA. Wenn ihr das zu viel wird, ist sie ein Drinnie und zockt zu Hause das Computerspiel „Tomb Raider“. Sich selbst definiert Flowers als Bürokratin. Das sei nämlich, was die Gesellschaft zusammenhalte. „Spreadsheets are what keeps the world from collapsing“, erklärt sie in einer Szene. Motiviert ist Edie Flowers’ Arbeit durch den Drogentod ihrer eigenen Mutter. Immer wieder betont sie, wie sehr eine Sucht auch die Angehörigen belastet. Im Laufe der Serie erfahren wir außerdem, dass Flowers’ Bruder Shawn im Gefängnis sitzt, weil er in jungen Jahren mit Drogen dealte. Sie ist deswegen immer noch ziemlich salty und gibt sich keinerlei Mühe, Shawns Perspektive zu hören. Erst viel später liest sie seine ungeöffneten Briefe, verzeiht ihm und versteht, dass er kein böser Mensch ist, denn das Problem – das lernt Edie Flowers, je länger sie gegen Purdue Pharma und die Sackler-Family kämpft – liegt im System.

Die sechsteilige Miniserie „Painkiller“ läuft auf Netflix.

Dieser Text erschien zuerst in Missy 06/23.