Nailart ist politisch: Camilla Inge Volbert
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Wie bist du darauf gekommen, Nägel künstlerisch zu gestalten?
Anfangs wollte ich einfach Nageldesign für mich selbst machen und habe gemerkt, wie viele Techniken und Möglichkeiten es gibt. Während der Pandemie konnte ich mich zu Hause ausprobieren. An der Uni wird alles bewertet und der Designprozess zählt nicht. Das war zu Hause anders und ich habe Freude empfunden, die ich im Studium nicht hatte. Ich liebe auch immer schon Kitsch und alles, was bunt ist. Als Kind haben mich z. B. Polly Pockets fasziniert.
Woher nimmst du deine Inspiration?
Nägel sind für mich wie Souvenirs aus anderen Welten. Man kann auf ganz kleinem Raum eine Geschichte erzählen und die kann aus allen möglichen Dingen entstehen. Es kann eine Erinnerung sein, ein Gefühl oder eine andere Welt.
Wie gehst du damit um, dass deine Kunst sehr vergänglich ist und nach ein paar Wochen nicht mehr existiert?
Das hilft mir, denn ich horte alles Mögliche. Die Nägel muss ich in dem Moment genießen, in dem sie existieren. Wenn ich an sie denke, dann erinnere ich mich an ganz bestimmte Zeiten und das ist schön. Manchmal ist es schade, aber dafür habe ich die Nägel auf Fotos (lacht).
Menschen, die ein auffälliges Nageldesign tragen oder in einem Nagelstudio arbeiten, werden oft klassistisch, rassistisch und sexistisch abgewertet. Wo verortest du dich in diesem Geflecht von Klassismus, Sexismus und Rassismus?
Nageldesign ist durchsetzt von diskriminierenden Stereotypen, und Leute, die gemachte Nägel tragen, werden in ihrem Alltag damit konfrontiert. Ich finde es wichtig, dass man sich als weiße Nageldesignerin wie ich dessen bewusst ist und auch die lange Tradition sowie den historischen Kontext von Nageldesign kennt. Die deutsche Mehrheitsgesellschaft weiß oft wenig darüber und es wird so getan, als sei das gerade ein Trend oder käme als künstlerische Ausdrucksform von Weißen. In Gesprächen ist es mir wichtig, all solche Aspekte klarzumachen.
Camilla Inge Volbert bezeichnet sich als Nagelfee. Während ihres Modedesignstudiums an der Universität der Künste in Berlin wurde Nageldesign für sie ein Zufluchtsort, um vom akademischen Leistungsdruck Abstand zu nehmen. Ihre Designs sind fantasievoll und aufwendig. Inzwischen designt sie für Künstler*innen wie horsegiirL oder für Editorial Shoots. Instagram: @nailsvoninge
Dieser Text erschien zuerst in Missy 06/23.