Toxische Männlichkeit in der Literatur
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Selbstjustiz und Vorverurteilungen ohne fairen Prozess (…)“, kommentierte Autor*in Donat Blum einen Post des Literaturhauses Rostock auf Instagram. Zusammen mit dem Schriftsteller Valentin Moritz gab Blum die Anthologie „Oh, Boy! Männlichkeit*en heute“ im Kanon Verlag heraus, in der bekannte Autor*innen wie Kim de l’Horizon, Deniz Utlu und Dinçer Güçyeter „Männlichkeit*en heute“ reflektieren, wie es der Untertitel versprach. Nach heftiger Kritik löschte Blum den Kommentar, der vor Vergewaltigungsmythen triefte und Täter-Opfer-Umkehr betrieb.
Was war passiert? In seinem eigenen Beitrag der Anthologie gestand sich Valentin Moritz „die eigene Übergriffigkeit“ ein. Der Text erschien jedoch gegen den Willen der vom sexualisierten Übergriff
betroffenen Person. Nachdem sie damit an die Öffentlichkeit gegangen war, dementierten zunächst sowohl die Herausgebenden als auch der Kanon Verlag, dass es im Text um eine konkrete Person oder ein konkretes Ereignis gehe, und behaupteten, es handle sich um einen rein fiktionalen literarischen Text. Diese Argumentation, das Verstecken hinter dem vermeintlich Autofiktionalen, kennt man bereits von den Gedichten von Till Lindemann; auch hier argumentierte der Verlag, es handle sich bei dem Vergewaltigungsgedicht um ein lyrisches Ich und nicht den Autor. Doch Text und Autor*in sind eben nicht so einfach zu trennen, wie es die Literaturwissenschaft gerne hätte.
Als der öffentliche Druck zu groß wurde, gab der Verlag schließlich zu: Er sowie die Herausgebenden wussten, dass es eine Betroffene gibt, die nicht wollte, dass der Text veröffentlicht wird. Gegen ihren Willen hatten sie sich dafür entschieden, den Text trotzdem zu veröffentlichen. Nach dem Statement wurde die Auslieferung des Buches gestoppt. <…