Wie der Staat die Täter schützt
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Ich habe gesehen, was der deutsche Staat alles falsch machen kann“, sagt Valentino Kierpacz (20), der Sohn von Mercedes Kierpacz, rückblickend. „Die letzten vier Jahre waren sehr negativ für mich.“ Vier Jahre nach dem Anschlag in Hanau am 19. Februar 2020, bei dem Mercedes Kierpacz, Sedat Gürbüz, Kaloyan Velkov, Fatih Saraçoğlu, Vili Viorel Păun, Gökhan Gültekin, Ferhat Unvar, Hamza Kurtović und Said Nesar Hashemi aus rassistischen Motiven getötet wurden, ist der Fall zu einer gesellschaftspolitischen Herausforderung für den Staat, die Politik und soziale Bewegungen geworden. Für die Angehörigen und Überlebenden gibt es kein Zurück mehr in eine Art Normalität. „Ich habe öfter versucht, in mein altes Leben reinzuwachsen und zu zeigen, dass ich mehr bin als der Junge, der diesen Anschlag überlebt hat“, sagt Said Etris Hashemi (27), der bei dem Anschlag seinen Bruder, Freunde und Bekannte verlor. Doch seit dem 19. Februar 2020 ist sein Leben auf den Kopf gestellt. „Ich bin danach in
einer anderen Welt aufgewacht und versuche, das Beste daraus zu machen.“ Der Anschlag von Hanau ist der Gipfel unzähliger rassistischer Anschläge in der Bundesrepublik, die weder präventive Maßnahmen noch ihre gründliche, unabhängige Aufarbeitung nach sich zogen.
Valentino Kierpacz ist der Ansicht, dass die Familien im Stich gelassen wurden. Es ist nicht das erste Leid, das seine Familie durch Staatliche Institutionen erfahren hat: Mercedes Kierpacz’ Urgroßvater wurde als Rom in Auschwitz umgebracht. Inzwischen lebt Valentino Kierpacz bei seiner Großmutter. Wenn er seine Mutter, die außer ihm noch eine Tochter (13) hinterlassen hat, an ihrem Grab in ihrer Geburtsstadt Offenbach besucht, erzählt er ihr von seinem Tag, so wie er es getan hat, als sie noch lebte. Sie hatten ein enges Verhältnis. Vier Jahre nach ihrem Tod spricht er davon, wie sehr ihn der Mord an seiner Mutter eingeschränkt hat: „Ich konnte meine Schule nicht weitermachen, kann nicht arbeiten und habe starke Angstzustände.“ Newr…