(Wie) Kann die Linke wieder zusammenkommen?
Von
Interview: Hengameh Yaghoobifarah mit Dana Vowinckel, Gözde Günaydin und Elisa Aseva
Wie ging es euch die letzten Wochen? Dana, du hast zwischenzeitlich Social Media gelöscht?
Dana Vowinckel: Die letzten Wochen waren schwer. Vieles von dem, was ich als Jüdin befürchtet habe, ist im öffentlichen Diskurs wahr geworden. Es gibt großes Entsetzen darüber, was gerade passiert – nur wirkt das scheinheilig, wenn man bedenkt, dass wir schon lange davor gewarnt haben. Von meinem initialen Schock konnte ich aber in ein Nachdenken übergehen und sitze nicht mehr bloß verweint und ängstlich zu Hause. Jetzt müssen wir anfangen, Gespräche zu führen, Texte zu schreiben und irgendwie in eine Analyse zu gehen. Als aktives Mitglied der jüdischen Community gibt es für mich eine sehr ernste Bedrohungslage. Aber die Bedrohung fühlt sich viel weniger schrecklich an, wenn man sie nicht auf
Social Media mitkriegt.
Gözde Günaydin: Neben dem Schock über das politische Geschehen der letzten Wochen, auch unabhängig vom Krieg in Palästina, bin ich entsetzt über die Art und Weise, wie der Diskurs darüber auf Social Media geführt wird. Obwohl ich keine Person des öffentlichen Lebens bin, bemerke ich einen Druck, sich bedeckt zu halten. Außerdem schockiert mich, wie unreflektiert sich der ganzen Buzzwords und Killerphrasen bedient wird, deren Bedeutung den Leuten oft nicht mal klar zu sein scheint. Und es zeigt sich überall fehlende Empathie für die Leute, die von Kriegen betroffen sind. Ich muss mich gerade immer wieder daran erinnern, mein Mitgefühl nicht zu verlieren, weil ich so wütend darüber bin, wie Leute die Debatte für ihre eigene Agenda instrumentalisieren.
Elisa Aseva: Mir geht es ähnlich. Das Ganze hat bei mir Flashbacks zum 11. September hervorgerufen, den ich wahrscheinlich anders als ihr als junge Erwachsene klar mitbekomme…