Eine Person mit vielen Stimmen – Rosa Anschütz
Von
Auf deinem neuen Album transportierst du innere Gefühlswelten nach außen. Dafür multiplizierst du deine Stimme, bis sie einem Chor gleicht, wie z. B. auf dem Song „A Place Somewhere, We Found The Riptide“. Wie hat der Fokus auf die Stimme deinen Schreibprozess verändert? Zusammen mit meinem Co-Produzenten Jan Wagner habe ich entschieden, dass die Stimme auf „Interior“ zentral sein soll. Die Musik ist eher minimalistisch, was uns mehr Raum für die Stimme gegeben hat. In dem Schreib- und Produktionsprozess habe ich sehr viele verschiedene Tonspuren aufgenommen. Durch die verschiedenen Stimmlagen hatte ich die Möglichkeit, in andere Charaktere zu
schlüpfen und Multiplikationen von mir selbst zu erschaffen.
Verbindest du bestimmte Charaktere mit verschiedenen Stimmlagen?
Leider gibt es viele Stereotype darüber, was eine tiefe Stimme oder was eine hohe Stimme bedeutet. Wenn es etwa darum geht, sich Gehör zu verschaffen, werden hohe und tiefe Stimmen anders wahrgenommen. Besonders im Alter wird männlich gelesenen Stimmen Reife oder Lebenserfahrung zugeschrieben, während weibliche dafür stigmatisiert werden. Joni Mitchell z. B. ist mit jedem Album in ihrer Stimmlage tiefer gewandert. Die späteren Alben wurden anders besprochen als ihre früheren. Oft wird es so beschrieben, als ob sie ihre Stimme geopfert hätte. Männlichen Gesangstimmen wird mehr verziehen und ein Wandel in der Stimme, z. B. durch Alter oder Rauchen, wird positiver besetzt. Der Person wird dann ein „Rockstarleben“ zugeschrieben. Me…