Rosa Bild mit der Aufschrift Antiromaismus/ Antisintiismus

Antiromaismus und Antisintiismus umfassen rassistische Vorstellungen gegenüber Rom*nja und Sinti*zze, mit denen Diskriminierung, Ausgrenzung und Verfolgung einhergehen.

Ihnen wird unter anderem Kriminalität, Arbeits- und Integrationsunwilligkeit, mangelnde oder fehlende Bildung oder Nicht-Sesshaftigkeit unterstellt. Diese rassistischen Zuschreibungen gipfeln bis heute in Phantasmen rund um „Clanstrukturen“, „Rückständigkeit“, „Heißblütigkeit“ oder eine „Bettelmafia“. So wird an öffentlichen Orten wie dem Berliner Hauptbahnhof z. B. vor „organisierter Bandenkriminalität“ gewarnt – und damit das Bitten um Geld auf eine Ebene mit Diebstahl gestellt.

Obwohl einige Rom*nja und Sinti*zze das Z* Wort für sich selbst reclaimen, lehnen es andererseits viele ab, da es sich dabei um eine rassistische Fremdbezeichnung handelt, die noch immer aktiv gegen uns verwendet wird.
Daher verwende ich das Z*-Wort immer dann, wenn ich über Diskriminerung spreche. Um in diesem Text keinen Rassismus zu reproduzieren, haben wir uns für die Abkürzung Z* entschieden.

Antiromaistische und antisintiistische Verfolgung hat in Europa eine lange Tradition: Seit dem 16. Jahrhundert erfahren Sinti*zze und Rom*nja soziale Auswirkungen wie Diskriminierung in Bildungseinrichtungen, Behörden sowie im Gesundheits- und Wohnbereich und werden Opfer physischer Gewalt. In Wörterbüchern des 18. Jahrhunderts werden Sinti*zze und Rom*nja als „Gegenbilder des christlich-europäischen Erziehungsmusters“ bezeichnet. Der vom NS-Regime durchgeführte Völkermord an deutschen und europäischen Sinti*zze und Rom*nja wird in Romanes „Porajmos“ genannt und bedeutet „das Verschlingen“. Insgesamt fielen geschätzt zwischen 220.000 und 500.000 Sinti*zze und Rom*nja dem systematischen Völkermord zum Opfer. Schuld an dieser großen Diskrepanz in den Schätzungen der Todesopfer ist das fehlende Interesse des deutschen Staates an der Aufarbeitung seiner und unserer Geschichte.

Denn auch nach 1945 leiden Sinti*zze und Rom*nja unter den Folgen des Nationalsozialismus: Lange Zeit wurden ihnen ihre Opferrechte verweigert und Entschädigungsanträge als größtenteils „nicht entschädigungswürdig“ angesehen und abgelehnt. Auch heute gelten sie weiterhin als „Problemgruppe“. Antiromaistische  und antisintiistische Praxen zeigen sich nach wie vor, überwiegend in ausgrenzenden Strategien und Exotisierung; sie werden als „Kulturvolk“ dargestellt und ihnen wird eine Zugehörigkeit zur Gesellschaft abgesprochen. 

Selbst die Bezeichnung von Sinti*zze und Rom*nja löst noch große Diskussionen aus. Deutschland empört sich über die Umbenennung von Z*-Schnitzel in Paprikaschnitzel – doch warum gibt es hier Debatten? Das Wort Z* ist eine vorbelastete Fremdbezeichnung, die stellvertretend für ausgegrenzte Gruppen steht. Dennoch: In diesem Text spreche ich von Antiromaismus und Antisintiismus. Manche sprechen von Antiziganismus, was wiederum von einigen Rom*nja und Sinti*zze abgelehnt wird, wenn es nicht aus der eigenen Community kommt. 

Ein weiterer Begriff, der im Diskurs um die richtige Bezeichnung häufiger auftaucht, ist Gadjé-Rassismus. Gadjé ist ein Wort aus der Romanes-Sprache, das alle Nicht-Rom*nja bezeichnet. Somit wird von Gadjé-Rassismus, gesprochen, wenn er sich von Gadjé gegen Rom*nja und Sinti*zze richtet.

Dieser Text erschien zuerst in Missy 01/24 und wurde im April 2025 editiert.