Proteste made in Bangladesh
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Sechs Kästchen sind auf dem Bildschirm zu sehen, langsam füllt sich die Videokonferenz. Zuerst erscheinen dort fast nur Männer. Als zwei von ihnen aber ihre Kameras drehen, sieht man in den Räumen auch jeweils zwei bis drei Frauen sitzen, manche von ihnen mit Kindern. Viele von ihnen besitzen keine Smartphones und haben sich für das Interview bei ihren Gewerkschaftsvertreter*innen des GWTUC, des Garment Workers Trade Union Center, eingefunden. Die Tonqualität ist schlecht und in einem Zimmer fällt zwischendurch der Strom aus. So gut es geht berichten zwei Frauen, Mita und Josna, von den Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie, ihren Erlebnissen während der Proteste für einen höheren Mindestlohn im vergangenen Herbst und von ihrem Leben in Bangladesch. Die Kommunikation mit den
Arbeiter*innen ermöglicht die Übersetzerin Maria Ferdewsi Rahman, die als Ehrenamtliche für das GWTUC arbeitet.
Mita erzählt, dass sie aus Gazipur kommt, nördlich der Hauptstadt Dhaka. 75 Prozent der Textilfabriken in Bangladesch sind in dieser Region angesiedelt. Mita arbeitet für Best Shirt Limited und heißt eigentlich anders. Sie lebt mit ihrem Mann, ihren beiden Kindern, Eltern und Schwiegereltern zusammen. Das Paar arbeitet in derselben Fabrik und ist für den Unterhalt der gesamten Familie verantwortlich. Doch der Verdienst reicht kaum zum Leben. Essen, Miete, Hygieneartikel – alle Lebenshaltungskosten sind in Bangladesch gestiegen. Noch vor zwei Jahren hat eine Packung Reis umgerechnet etwa 25 Cent gekostet, inzwischen zahlt man mehr als doppelt so viel. Der gesetzlich festgelegte Mindestlohn blieb dagegen jahrelang gleich. Er lag seit 2019 bei 8000 BDT, umgerechnet ca. 66 Euro im Monat. Das Minimum Wage Board, ein Gremium des Arbeitsministeriums in Bangladesch, führte im vergangenen Dezember ein…