Podcasttipps 02/24
Von
Maintenance Phase
Wer gerne über Superreiche lacht, wird diesen Podcast lieben. „Maintenance Phase“ seziert Selbstoptimierungstrends, Diet Culture und absurde Selfcare-Produkte aus dem Milieu der Wohlstandsverwahrlosten. Ob das für Diäten missbrauchte Diabetesmedikament Ozempic, das Kochbuch des verstorbenen Modedesigners, Rassisten und Sexisten Karl Lagerfeld oder das Œuvre des eigentlich ganz interessanten Sportpioniers Joseph Pilates: Die beiden Hosts diskutieren pro Folge ein Gesundheitsthema und wie es auf die Gesellschaft wirkt. Ja, es gibt genug Laberpodcasts, dieser lohnt sich trotzdem. Denn die als @yrfatfriend bekannte Aktivistin Aubrey Gordon und der Journalist Michael Hobbes sind gleichermaßen funny und gründlich. Ihr in Eigenregie produzierter Podcast ist ein akustisches Gegengewicht zu verzerrten Körperwahrnehmungen, ohne dabei Menschen für Hobbys wie Pflege und Sport zu shamen. Besonders unterhaltsam ist die Folge zum living Meme Gwyneth Paltrow. Das Nepo-Baby ist nach ihrer Filmkarriere mittlerweile stinkreicher Girlboss – und ein Beispiel für weißen, liberalen Feminismus. Mit der Firma „Goop“ verdient sie durch den Verkauf von Designerkleidung und Quacksalberei viel Geld. Wer (so wie ich) ihr skurriles Schaffen mit Staunen und Kopfschütteln verfolgt, findet im Podcast eine Einordnung des wissenschaftsfeindlichen und schädlichen Einflusses der ehemaligen Schauspielerin. Und auch sonst ist der Podcast empfehlenswert, denn er zeigt, wie Reiche mit völligem Blödsinn bare Münze machen – und wie gefährlich es für Demokratie und Menschenrechte ist, wenn diese in der Gesellschaft tonangebend sind. Caren Miesenberger
„Maintenance Phase“ Aubrey Gordon & Michael Hobbes, 40–78 Min.
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Queering the Perspective
Ein Podcast im DIY-Style gegen das cis-stem. Für alle, die die weiße cis-hetero-
normative Standardperspektive satthaben und interessiert an non-binären Perspektiven und persönlichen Geschichten sind. Die Moderatorin Béla Bellisima hinterfragt als genderqueere Person gesellschaftliche Machtdynamiken und sieht Gender-Identität als eine Quelle unendlicher Möglichkeiten anstatt eines binären Konstrukts. Jede Woche unterhält sie sich mit Gäst*innen zu Themen wie Identität, Feminismen, Queerbaiting, Dis_ability oder Race. Der Podcast ist als safe space gedacht und wird in englischer Sprache geführt. Die Stärke des Podcasts liegt definitiv in der Diversität der Themen und Gäste. Hervorzuheben ist die derzeit laufende vierte Staffel mit einem Fokus auf Süd- und Südostasien. Durch einen dekolonialen Ansatz bekommen hier queere und trans Menschen aus der Region eine Plattform, um über ihre Kämpfe, Herausforderungen und die Community zu sprechen. Die Gespräche gehen in die Tiefe und bieten Einblicke in den Alltag und die queerfeministische Praxis von Menschen, die im westlichen Mainstream wenig Platz finden. Julia Belzig
„Queering the Perspective“ Béla Bellisima, 20–70 Min.
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Diese Texte erschienen zuerst in Missy 02/24.