Über Eltern, die selbst in Therapie müssten
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„Trauma sells!“, behauptet die Agentin von Alex. Die nicht-binäre Hauptfigur der Geschichte steht vor der Herausforderung, einen Essay über Dinge zu schreiben, über die sie mit ihrer Mutter nicht spricht. Doch kann Alex den eigenen Erinnerungen überhaupt vertrauen, wenn die Mutter eine ganz andere Auffassung von der Kindheit hat? Nach dem Essayband „Power Bottom“ widmet sich Missy-Kolumnist Evan Tepest nun im Romandebüt „Schreib den Namen deiner Mutter“ komplizierten Familienfragen. Für die Beerdigung des Großvaters fährt Alex, frisch von der Exfreundin getrennt, zurück in die heimatliche Provinz – so lautet zumindest der Vorwand. Doch eigentlich arbeitet dey an einem Essay, der den Titel
„Schreib den Namen deiner Mutter“ tragen soll und mit dem dey überhaupt nicht vorankommt. Dabei soll nun die physische Nähe zu „der Mutter“ helfen. Die Mutter, von der wir lange nicht den Vornamen erfahren, ist eine emotional verklemmte und selbstgerechte Frau, die sich in ihrer Arbeit als Polizistin, Hobbyschützin, Mutter von zwei Kindern und Stiefmutter eines Jungen als emanzipiert sieht. Im Verlauf des Romans tauscht Alex SMS-Nachrichten mit deren Schwester, Fritzi, aus, die den Kontakt zur Mutter gänzlich abgebrochen hat. Doch Alex hat noch Hoffnung für die Beziehung: Dey möchte klarstellen, was in der Kindheit schiefging. Gleichzeitig sträubt sich in Alex alles und jeder Versuch der Nähe, sowohl physisch als auch emotional, scheitert. Immer wieder schreibt Alex am Essay – diese Momente sind Tepests emotionalste Stellen im Roman. Bei dem Versuch, die Mutter besser kennenzulernen, etwa durch Gespräche mit Alex’ Oma Kriemhild oder Medizinschrankdurchsuchungen, lernt auch Alex sich selbst neu kennen: Dey …