Comictipps 03/24
Von
Fungirl
„Fungirl“ erfordert eigentlich eine Triggerwarnung für zarte Seelen. Nicht unbedingt, weil die schlaksig-verpeilte Protagonistin Fungirl eine Erotomanin ist, vor der nichts und niemand sicher ist – dass Körperflüssigkeiten Bestsellermaterial sind, wissen wir seit Charlotte Roches „Feuchtgebiete“, und hier kriegen wir eine Menge davon zu sehen, bspw. Selbstverteidigung mit gefüllter Menstruationstasse. Sondern eher, weil sie im Privatleben und in ihrer Arbeit als Bestatterin eine Schneise der Verwüstung hinterlässt (explodierende Leichen inklusive), bei der das Lachen mitunter im Hals stecken bleibt. Trotzdem schafft Pich es, ihre Hauptfigur, die mit ihrer besten (und gleichzeitig Ex-)Freundin und deren Softie-Freund in einer WG lebt, sympathisch rüberkommen zu lassen. Mit reduzierter Farbpalette erzählt sie in klassischen Panels, immer wieder unterbrochen durch herrliche ganzseitige Bildzitate: Fungirl in Snoopy-Pose, als Botticellis Venus oder Arcimboldo-Gemüseporträt. 2021 bereits in den Vereinigten Staaten erschienen, schockt das Werk der Deutsch-Amerikanerin nun auch auf Deutsch. Amelie Persson
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Elizabeth Pich „Fungirl“ ( Aus dem Englischen von Christoph Schuler. Edition Moderne, 256 S.,
26 Euro )
Merel
Merel ist eine lebenslustige Mittvierzigerin, die am Ende eines belgischen Dorfes allein in einem gemütlichen Häuschen wohnt. Ihr Leben spielt sich ab zwischen ihrem Job als Sportredakteurin, der von ihr heiß geliebten Entenzucht, Trips ins Pflegeheim ihrer Mutter und Hochzeits- und Jubiläumsfeiern mit ihren Buddys aus dem Fußballverein. Sie hat einen jüngeren Freund, der auch Hobby-Entenzüchter ist, und geht manchmal gerne am Tresen ihrer Freundin einen heben. Doch als die Ehe von Suzie, deren Mann Geert auch im Verein kickt, in Schieflage gerät, kommt eine unheilvolle Dynamik in Gang. Der ganze Ort scheint in Merel einen Sündenbock, eine Reinkarnation der Dorfhexe gefunden zu haben … Die bunten, fast kinderbuchhaften Zeichnungen der 1996 in Brüssel geborenen Autorin Clara Lodewick folgen dem Stil der Ligne claire und lassen der dramaturgischen Entwicklung atmosphärisch viel Raum. Die liebevoll entworfenen Details des (gar nicht immer so liebevollen) Landlebens machen beim Entdecken besonders Freude – wie auch das Ende, das doch noch an etwas wie Solidarität glauben lässt. Sonja Eismann
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Clara Lodewick „Merel“ (Aus dem Französischen von Christiane Bartelsen. Carlsen, 160 S., 26 Euro)
Diese Texte erschienen zuerst in Missy 03/24.