Porträts von Paula Irmschler und Lily Allen
Paula Irmschler © Chris Schalko, Lily Allen © JEP Celebrity Photos / Alamy Stock Foto


Irgendwann in der zweiten Hälfte der Nullerjahre: Ich war schon eine Weile dem „BRAVO“-Alter entwachsen, hatte mich wie geplant von meiner Familie entfernt, endlich auch eine dieser ernüchternden Beziehungen an Land gezogen, die Schule war bald vorbei, man musste irgendwie Geld verdienen und sollte schleunigst sich selbst und irgendeinen Ort, an dem man sich wohlfühlt, finden. Ich landete im Zuge dessen in einer Indie-Disco und dachte, da sind nun die alternativen Leute, die Leute, die nicht so

kleinkariert sind, wie die meisten wirkten – und wie ich es selbst auch war. Via Myspace schwappte ständig was Geiles aus der Indiewelt zu uns rüber, nach drei Mal hören konnten wir jeden Hit auswendig. Indie wurde in Sekundenschnelle auch Mainstream. Das bedeutete: Schutz vor deutschtümelndem Chartspop, wie er zu der Zeit von überallher schallte, Ruhe vor den übersexualisierten jungen Frauen auf VIVA, es bedeutete stattdessen ausgelassen tanzen und grölen und Bierchen. 

Es wurde allerdings sehr schnell langweilig, weil Indiefans und ihre Götter oft langweilig sind. An weißen, dünnen Jungs, die ihre Projektionen über „Mädchen“ sangen und offensichtlich nicht so oft mit echten gesprochen hatten, hatte man sich schnell sattgehört. Aber dann tauchte sie auf, in den Indie-Discos, im Fernsehen, im Radio: LILY FUCKING ALLEN. Lily Allen war frech und frech zu sein, war damals noch frech – beziehungsweise wieder, denn man hatte die unangepassten Mädchen Ende der Neunziger fast vollständig verdräng…