In ihrem neuen Buch plädiert Kai Cheng Thom für Verletzlichkeit und Fehlertoleranz und analysiert Communitystrukturen wie die #MeToo-Bewegung aus einer rassifizierten trans Perspektive.
Das Ende der Welt steht bevor, aber statt in der Apokalypse zusammenzuhalten, verletzen sich Queers gegenseitig. So startet die Essay- und Prosagedichtsammlung „Für die Liebe entscheiden“ der kanadischen Autorin Kai Cheng Thom. Was wie ein Wiedergänger des 2017 erschienenen Sammelbands „Beißreflexe“ klingt, der ein polemischer Rundumschlag mehrheitlich weißer endo cis Gays gegen den Queerfeminismus war, stellt sich zum Glück als berührender Appell für eine Politik der Liebe heraus.
Kai Cheng Thom kritisiert darin Phänomene wie Callout-Culture oder Oppression Olympics und hält
ihnen Fehlertoleranz und Verletzlichkeit entgegen. Beziehungen seien der Ausgangspunkt der Revolution; daher sollten wir an ihnen arbeiten. In dem schmalen Band wechseln sich Essays und Gedichte ab, gnadenlose Analysen mit poetischer Zärtlichkeit. Jeden dritten Satz möchte man anstreichen.
So analysiert die mehrfach ausgezeichnete Autorin, ausgebildete Sozialarbeiterin und Therapeutin die #MeToo-Bewegung aus der Perspektive einer rassifizierten trans Frau, die sich persönlich und fachlich mit Traumata auskennt, und überträgt ihren Befund auf Communitystrukturen. Sie wendet sich dagegen, mit Scham zu strafen. Denn das verändere nichts zum Guten, sondern schließe nur jene aus, die sozusagen „verzichtbar“ seien. Und wer ist das wohl, wenn auch im metaphorischen „Social Justice Land“ White Supremacy und kapitalistisches Konkurrenzdenken herrschen? Genau. Es trifft vor allem rassifizierte, armutsbetroffene, behinderte und alte Queers.
Die Essays haben oft den Tonfall jener Predigten, die ich …