Podcasttipps 03/24
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don’t read theory
In „don’t read theory“ blicken Ayşegül und Valentin auf die linke Medienlandschaft und kommen dabei regelmäßig zum Fazit: Bildet Kollektive, bildet Banden. Der Name des Podcasts lässt es erahnen: Hier können wir eher keine Objektivität erwarten, hier wird sich ganz subjektiv bestimmten Phänomenen genähert. Z. B. der Faszination um Sophie Passmann. Die erste Episode arbeitet sich am „Passmann-Komplex“ ab, speziell ihrem aktuellen Buch „Pick Me Girls“. Fair muss Kritik dabei zwar im Rahmen des Poddis nicht sein, aber interessant wird es, wenn sie sich tatsächlich auf linke Theorien berufen. Es macht Spaß, den beiden zuzuhören, vor allem, wenn man Ayşegüls Augenrollen hört, wenn Valentin mal wieder mit Adorno-Zitaten flext. Besonders gut sind beide beim Beobachten von Hypes, wie dem derzeit grassierenden Therapiefetisch in Folge 2. Bei der Besprechung von Şeyda Kurts „Radikale Zärtlichkeit“ werden verzerrte feministische Bilder entlarvt. Doch es geht in „don’t read theory“ um noch mehr als das: Die beiden behandeln lockerleicht und nebenbei Mode, HipHop und die RAF. Das erinnert sogar ausgerechnet ein wenig an den Podcast „Quelle: Internet“ mit Simon Dömer und, genau, Sophie Passmann. Simone Bauer
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„don’t read theory“ Ayşegül & Valentin, 50–110 Min. Auf allen gängigen Plattformen.
Dear Reader
Wer Literatur liebt und einen schönen Podcast darüber hören will, sollte in „Dear Reader“ reinhören. Die Journalistin und Autorin Mascha Jacobs unterhält sich in dem 2018 von ihr gestarteten Podcast einmal im Monat mit Autor*innen über die wichtigsten und prägendsten Bücher ihres Lebens. Es ist das erste deutschsprachige Format, das sich dem großen Thema „Literatur“ auf diese Weise nähert. Jacobs verfolgt das Ziel, die Autor*innen nicht nur über ihre aktuellen Bücher zu befragen, sondern herauszufinden, was ihre Gäst*innen lieben. Und das gelingt ihr. Bisher hat sie Gäst*innen wie Eva von Redecker, Nava Ebrahimi oder Klaus Theweleit in ihren virtuellen Literatursalon eingeladen. An Jacobs’ sensibler Interviewführung erkennen die Hörer*innen ihre große Leidenschaft für Literatur. Die Gäste bringen Texte mit, die sie anziehen oder verwirren. Jacobs recherchiert umfassend und akribisch, wodurch Gespräche auf Augenhöhe entstehen. Die Energie der Diskutierenden schwappt zu den Hörenden über und man will die Bücher sofort selbst lesen. Manchmal endet das dann fast schon ekstatisch in einem „Bücherbesäufnis“, so ein Zitat aus dem Treffen mit der Schriftstellerin Teresa Präauer. Die Lektüre wird dann wie zum Rausch. Der Podcast richtet sich keineswegs nur an Hörer*innen aus dem Kulturbereich, sondern grundsätzlich an alle, die Bücher lieben. Annette Walter
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„Dear Reader“ Mascha Jacobs, 30–60 Min. Auf allen gängigen Plattformen.
Dieser Texte erschienen zuerst in Missy 03/24.