© Friederike Hantel

Seit ich einen Grindr-Account habe, stelle ich fest: Grindr ist für mich als chronisch kranke trans Person extrem empowernd. Das mag für manche überraschend kommen, denn dass Grindr genau wie alle anderen Dating-Apps von diskriminierenden Desirability Politics durchzogen ist, ist kein Geheimnis: User*innen geben Körpergröße, Gewicht, Alter, Ethnie, Behaarung und Penisgröße an und können ihre Suchergebnisse nach diesen und zig weiteren Kriterien und Schlagwörtern filtern. Dass ich überhaupt in Erwägung ziehe zu grindrn, hat sicher auch damit zu tun, dass ich weiß, abled-passing und schlank bin. Grindr ist für mich die zugänglichste Plattform für Hook-ups: Anders als auf OkCupid muss ich z. B. nicht erst dreimal mit meinem Fuck-Interest bouldern gehen oder unendliche Abende in verrauchten Bars verbringen, bevor es okay ist, zusammen nach Hause zu gehen. Anders als beim analogen ­Cruising muss

ich nicht erst alle im Raum von der Männlichkeit meines trans Körpers überzeugen und nach der dritten Abfuhr aufgrund meines Nicht-operiert-Seins wieder zum Ausruhen nach Hause gehen.

Für uns chronisch kranke Crips ist Effizienz bei Hook-ups ironischerweise essenziell: Wir brauchen mehr Zeit zum Ausruhen, wir brauchen für viele Dinge länger – und haben in der Konsequenz sehr viel weniger Kapazitäten übrig, um geduldig in Parks, Clubs oder Saunen rumzucruisen (ganz abgesehen davon, dass die Door Policys von schwulen Saunen und Cruising Bars häufig vorsehen, dass das Türpersonal entscheidet, ob man ein Mann ist und reindarf). Ich habe immer nur ein kurzes Zeitfenster, in dem ich genug Energie habe für einen Hook-up, deshalb ist Grindr perfekt: Ich kann vorher alle relevanten Informationen vergeben und sichergehen, dass ich nur Personen treffe, die bereits alles wissen, was im Kontext von casual Sex relevant ist. Ich kann anbieten zu hosten und die Person zu mir kommen lassen. Ich kann vorher klären, worau…