Liebe*r Leser*in, 

etwa ein Jahr ist vergangen, seitdem unsere finanzielle Situation auswegslos schien. Inflation, Papierpreise, ansteigende Kosten und Abokündigungen, da die Inflation auch bei euch ankam, haben unsere unabhängige, feministische Verlagsstruktur fast zum Kollabieren gebracht. Es sah so aus, als könne es Missy nach 15 Jahren nicht mehr geben. Das fühlte sich schlimm an.

Bis wir unsere Rettungskampagne in Gang gebracht haben. Die Kampagne hat mir gezeigt, dass es offenbar einen Konsens darüber gibt, dass ein Magazin wie Missy in der deutschen Medienlandschaft nicht fehlen darf. Es hat den Knoten in meinem Hals etwas gelöst zu wissen, dass für viele Menschen da draußen kritische Stimmen von Frauen, queeren Menschen, Menschen mit Behinderung und BIPoCs unverzichtbar sind. 

Gleichzeitig gab es zu der Zeit generell einen realen Rückgang bei Auflagen von Printmagazinen, viele mussten eingestellt werden. Auch wir stehen vor der Herausforderung, mit einem sehr kleinen Team unser Publikum für unser Heft zu begeistern. Missy verzichtet bewusst auf große Werbeeinnahmen, wir leben von Abos. Unsere wirtschaftliche Lage bleibt angespannt. Ich habe im Moment wieder Bedenken, ob wir die Krise nicht einfach nur um ein Jahr verschoben haben. Das musste ich dem Missy-Team dann auch im April mitteilen. Mein Körper hat es vor mir gemerkt, dass mir das nicht so leichtfiel, wie ich dachte. Auch weil ich manchmal Angst davor habe, mit der Verantwortung, einen Verlag in diesen schwierigen Zeiten am Leben zu halten, allein zu bleiben. Das soll kein Lamentieren über die Einsamkeit von Chef*innen sein. In meinem Arbeitsalltag möchte ich das Team nicht permanent mit Finanzen und Verkaufsstrategien belasten, aber dadurch fehlt mir natürlich auch der Austausch. In einer Struktur mit so knappen Ressourcen wie unserer muss ich mich leider oft allein mit diesen Dingen beschäftigen – das kennen viele von euch, die in ähnlich kleinen Strukturen arbeiten: Jede*r Mitarbeiter*in muss eigentlich ein Multitool sein. 

Das Meeting mit dem Team verlief natürlich gut, weil meine Missy-Kolleg*innen alle Herzis sind. Obwohl wir in feministischen Kontexten viel über mentale Gesundheit und Stress sprechen, ist und bleibt es doch in prekären Arbeitskontexten Realität, dass der Druck hoch ist und die Mittel gering bleiben. Das muss sich einfach ändern. Dafür, dass es Missy künftig noch gibt, ist also mehr als moralischen Konsens nötig, dass es so ein Magazin braucht: Moingiorno materialistische Analyse. Den Journalismus, den wir wollen, müssen wir bezahlen. 

Nachdem ich mit euch geteilt habe, was sich für mich schlecht anfühlt, soll nicht fehlen, was sich gut anfühlt: Für mich gibt es nichts Sinnvolleres, als unabhängige und feministische Strukturen zu erhalten, vor allem in einer von rechten Backlashes geprägten Welt, in der so viel Erkämpftes nach und nach zurückgenommen werden soll. Unabhängig zu sein heißt für Missy, dass niemand uns sagen kann, welche Inhalte wir bringen oder dass wir eine blonde, dünne, weiße cis Frau auf jedes Cover packen, weil Studien ergeben haben, dass sich das am besten verkauft. Während in anderen Medien hierzulande marginalisierte Perspektiven schmerzlich fehlen, sind sie bei Missy Arbeitsgrundlage. Damit wir diese Utopie von konsequent linkem und feministischem Journalismus weiter leben können, brauchen wir Leute, die Bock darauf haben, mit uns gemeinsam unbequem zu sein und gleichzeitig soft zu bleiben. Daher: Wenn ihr könnt, schließt ein Missy-Abo ab, damit es Missy auch als Idee in diesen ziemlich düsteren Zeiten weiter geben kann.

Wenn ihr Feedback oder Fragen habt, meldet euch gern hier: mehr@missy-mag.de (aber gebt mir Zeit mit dem Antworten, ich habe viel zu tun). 

Dieser Text erschien zuerst in Missy 03/24.