Feminismus ohne Klasse
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Neu in Deutschland arbeitete ich an einer Grundschule in West-Berlin. An einem Samstag gab es eine kleine Performance der Kinder. Kurz vor der Show sagte eine Lehrerin zu mir: „Wir haben uns daran gewöhnt, dass türkische und arabische Eltern nicht zu Veranstaltungen kommen. Sie haben kein Interesse daran.“ Es war das Jahr 2000, ich war zwanzig Jahre alt, nicht besonders politisch. „Vielleicht müssen sie arbeiten?“, meinte ich. „Die Deutschen arbeiten auch“, sagte die Lehrerin. „Und sie schaffen es immer zu kommen, auch wenn sie Arbeit haben.“
Jahre später war ich selbst Mama. Ich hatte eine Zwanzig-Stunden-Woche, die von meinem Chef eingeteilt wurde. Ich wurde eingeladen zum Elterngespräch – meinem Kind ging es nicht gut. Zu dieser Zeit war mein Exmann arbeitslos, deswegen ging er immer zu den Sachen, die in der Schule organisiert wurden – Performances, Winterkonzerte, auch ein Gourmet-Café gab es. Ich ging fast immer, mein Ex ging wirklich immer. Bis zu diesem Gespräch war mir nicht klar, dass man erwartet, dass beide Elternteile
an all diesen Sachen teilnehmen sollten. Besonders wenn es so viele von diesen Events gibt, finde ich das übertrieben.
Ein Erzieher, der literally so jung war, dass man nicht in seiner Gegenwart rauchen wollen würde, sagte zu mir: „Wir merken halt – und das Kind merkt es auch –, dass du nicht zu jedem Termin kommst.“ „Aber ich muss doch arbeiten“, sagte ich. „Die anderen Eltern kriegen es immer hin, weil es ihnen wichtig ist“, sagte er. Ich wusste ganz genau, dass die Papas das nicht taten. Wie es so oft passiert, er sagte Eltern, meinte aber Mamas.
Und jetzt hat uns die Influencerin Marie Nasemann einen Einblick in ihren Kalender geschenkt, um zu zeigen, wie sie es schafft, Kinder und Karriere unter einen (sehr teuren!) Hut zu bringen. „Wie soll das gehen?“, wollte ich dem Erzieher zurufen. „So!“, erklärt es mir Marie. Zwischen Calls mit ihrer Schauspielagentur, ihrem Videoproduktionsteam und Management schafft sie es, Therapie und Osteopathie zu machen – und ei…