Opposition wirkt
Von
Interview: Teesta Setalvad
Bei den Wahlen im Juni hat die rechte Bharatiya Janata Party (BJP) zwar die absolute Mehrheit verloren, stellt aber weiterhin den Premierminister Narendra Modi. Er regiert Indien seit 2014 – und zwar, wie es der linke Theoretiker Prabhat Patnaik formuliert hat, in einem neoliberal-neofaschistischen Bündnis, das Kapitalinteressen und Hindunationalismus verbindet. Stimmen Sie dem zu?
Ja, weitestgehend. Während der ersten zehn Jahre der Modi-Regierung ist die Allianz zwischen einem rechtsextremen, autoritären Regime und kapitalistischer Vetternwirtschaft deutlich geworden. Öffentliche Ressourcen wurden in großem Stil umverteilt – und zwar nicht allgemein zugunsten des
Privateigentums und Kapitals, sondern an bestimmte Günstlinge. Die Arbeitslosigkeit ist gestiegen. Gleichzeitig sind zahlreiche Indizes – ob für Menschenrechte, Pressefreiheit, Ernährung oder Zufriedenheit – drastisch gesunken. Deshalb wird Indien nun von mehreren politikwissenschaftlichen Instituten als eine nur teilweise freie oder gar autokratische Demokratie bezeichnet.
Diese autoritäre Wende wird in einer parlamentarischen Demokratie vollzogen – und zwar auch, indem repressive Gesetze angewendet werden. Können Sie dafür Beispiele nennen?
Staatliche Strafverfolgungsbehörden gehen in politisch konstruierten Fällen gegen Akademiker*innen, Menschenrechtsverteidiger*innen, Anführer*innen von Studierendenbewegungen und gegen viele andere, die für ihre Rechte kämpfen, vor. Die sogenannten „Gesetze zur Aufwiegelung“ werden dabei völlig missbräuchlich angewendet. Außerdem hat die Modi-Regierung 2014 und 2018 das Anti-Terror-Gesetz zur „Prävention ungesetzlic…