Seit Anfang des Jahres gehen in Kenia vor allem Frauen auf die Straße, um gegen Femizide zu demonstrieren. Seit Mitte Juni haben sie sich den landesweiten Massenprotesten gegen die Regierung angeschlossen.
Wer in Kenia demonstriert, muss gewappnet sein. Denn die Polizei hat kein Erbarmen und setzt die volle Bandbreite der Staatsgewalt ein. Tränengasschwaden wabern durch die Innenstadt der Hauptstadt Nairobi, wenn protestiert wird. Zur Grundausstattung der Demonstrant*innen gehören Wasser, Maske, Zahnpasta – weil sie den Effekt des Tränengases abschwächt, wenn man sie unter die Augen schmiert – und Handys, um zu dokumentieren, was passiert. „Wenn wir unsere Angst verlieren, verlieren sie ihre Macht“ – diesen Spruch hat Wanjira Wanjiru geprägt. Die 29-Jährige hat das Mathare Social Justice Center mitgegründet und engagiert sich gegen Polizeigewalt.
Seit Mitte Juni gehen in Kenia jede Woche vor allem junge Menschen auf die Straße. Erst forderten sie die Rücknahme eines neuen Steuergesetzes, das die Steuerlast für Ärmere erhöht hätte. So sollte z. B. eine Mehrwertsteuer auf Brot, auf Menstruationsbinden und Windeln eingeführt werden. Das Gesetz
wurde gekippt. Jetzt fordern die Demonstrierenden noch mehr: den Rücktritt des Präsidenten William Ruto. Denn der erfüllt aus ihrer Sicht sein Amt nicht. Sie fordern, dass sich Politiker*innen an die Verfassung halten und politische Entscheidungen im Sinne der Bevölkerung treffen, nicht in ihrem eigenen Interesse.
„Wir gehen als Kenianer*innen auf die Straße, aber haben alle unsere eigenen intersektionalen Kämpfe“, erklärt die Feministin und Aktivistin Rachael Mwikali. Sie setzt sich dafür ein, dass die Bekämpfung von Femiziden endlich zur Priorität wird. Andere demonstrieren gegen Korruption und manche, weil sie keine Jobs haben. Wieder andere, um gegen die Polizeigewalt und die Straflosigkeit der Polizei zu protestieren. Mindestens fünfzig Menschen wurden nach Angaben der Kenya National Commission on Human Rights seit Beginn der Proteste Mitte Juni getötet. Das Armed Conflict Location and Event Data Project spricht sogar von 82 Toten. Mehr als vierhundert Menschen wurden verletzt, knapp siebenhundert…