Essen ist in der Popkultur gegendert: Frauen werden als „Candy“ oder „Lunch“ bezeichnet. Tiktok-Trends wie Meal-Prep, Girl-Dinner und Trad-Wives machen Food zu einem der wichtigstesten Influencer-Genres. Welche (anti-)feministischen Botschaften stecken dahinter?
Annabella Lwin war erst 15, als sie mit der Single „I Want Candy“ im Jahr 1982 über Nacht zum Star wurde. Auf dem Cover liegt sie mit nacktem Oberkörper auf einem Leopardenfell, die Schläfen rasiert, die Augen schwarz umrandet: halb Kind und halb Raubtier.
Heute gilt der Song als Klassiker, der den schrammeligen New-Wave-Sound der Zeit mit charttauglichem Bubblegum-Pop verbindet. Dabei war „I Want Candy“ eine Coverversion, das Original sangen 1965 The Strangeloves. Natürlich wollte das Männertrio nicht wirklich Süßigkeiten vernaschen, wie der Titel unschuldig vermuten lässt, sondern Candy war der Name eines Girls, „so sweet you make my mouth
water“. Die süße Candy ist eine Metapher für eine junge Frau, die so hübsch anzusehen und so leicht konsumierbar ist wie ein in glänzendes Zellophan verpacktes buntes Bonbon.
Das Girl als Naschzeug, als Snack zwischendurch, ist in der Popmusik eine beliebte Trope: 50 Cent wähnt sich vor lauter leicht bekleideten Hotties im „Candy Shop“, wo er sich angesichts der Überfülle der angebotenen Köstlichkeiten gar nicht entscheiden kann. Auch Musikerinnen wie Kelis übernehmen die Perspektive, sie deuten Objektifizierung zu Empowerment um und inszenieren sich als Venusfalle, die Jungs wie Fliegen mit Zucker anlockt. Noch deutlicher formuliert es Lana Del Rey: „My Pussy Tastes Like Pepsi Cola.“ Doch wer in den Genuss der klebrigen Leckereien kommt, bestimmen sie immer noch selbst, unartige Jungs werden mit Süßigkeitenentzug bestraft.
Hier besetzt Annabella Lwin 1982 mit ihrer vom Sex-Pistols-Manager Malcolm McLaren gecasteten Band Bow Wow Wow eine ganz spezielle Position: Einerseits wurde die Se…