© Janne Marie Dauer

Als feministische Juristinnen, Anwältinnen und Autorinnen beschäftigen Sie sich in Theorie und Praxis mit Partnerschaftsgewalt, vertreten Frauen im Sorgerechtsfall oder wenn sie sich scheiden lassen wollen. Warum ist es so wichtig, Gewalt gegen Frauen nicht zu individualisieren, sondern strukturell zu denken?
Asha Hedayati: Erfahren Frauen physische oder psychische Gewalt durch ihre Partner, heißt es häufig: Warum hat sie sich überhaupt auf so jemanden eingelassen? Warum trennt sie sich nicht? Diese Fragen blenden die Machtverhältnisse aus, in denen wir leben – und die Frauen strukturell benachteiligen. Oft arbeiten Frauen in Teilzeit, übernehmen aber die unbezahlte Care-Arbeit. Sie verdienen weniger als

Männer: Nicht nur wegen Teilzeit und Gender Pay Gap, sondern weil weiblich typisierte Jobs zwar häufig systemrelevant, aber schlecht bezahlt sind. Das schafft in heterosexuellen Partnerschaften Abhängigkeitsverhältnisse. Männer entscheiden, wofür das Geld ausgegeben wird. Er gibt ihr Geld oder aber nicht: Egal, in welche Richtung das geht, die wirtschaftliche Asymmetrie verleiht den Männern häufig Macht. Will sie sich trennen, kann er ihr mit dem auf sie wartenden Elend drohen – und hat damit häufig recht: 42 Prozent der Alleinerziehenden in Deutschland leben in Armut, und damit auch ihre Kinder.

In anderen Fällen führt das bestehende Recht dazu, gefährliche Asymmetrien zwischen Frauen und Männern zu verschärfen – etwa wenn sie keine deutsche Staatsbürgerschaft hat, aber mit einem deutschen Mann verheiratet ist.
AH: Ja, das Aufenthaltsrecht ist ein Beispiel dafür, wie Abhängigkeiten gestärkt werden: Wer keine deutsche Staatsbürgerschaft hat, muss drei Jahre …